Die 5.000 Mitarbeiter in den 46 österreichischen Kika/Leiner-Filialen können vorerst aufatmen.

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Wien – Dass es um Kika/Leiner nicht besonders gut bestellt ist, kann angesichts der seit dem Vorjahr währenden Turbulenzen rund um die Muttergesellschaft Steinhoff nicht gerade als Geheimnis bezeichnet werden. Die Dramatik, die in den letzten Tagen ausbrach, war dann doch für viele eine Überraschung: Nicht mehr und nicht weniger als das Überleben der Möbelhandelskette stand zur Debatte.

Benko gibt kaum Interviews, zählt aber mittlerweile zu den reichsten Menschen in Österreich. Wer ist dieser Mann? Christoph Varga, Leiter der ZIB-Wirtschaftsredaktion, war auf Spurensuche.
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Am Donnerstag hieß es plötzlich, ein Insolvenzantrag des Unternehmens sei fix und fertig. Nur noch eine Übernahme könnte die sich zu Ende neigende Liquidität sichern. Für die 5.000 Mitarbeiter, die Lieferanten und die Gläubiger ein Schreckensszenario, das plötzlich Realität zu werden drohte. Nur ein Ausweg blieb offen, und der erschien lange Zeit ziemlich versperrt. René Benko und seine Signa-Gruppe hatten Interesse an Kika/Leiner gezeigt. Nicht nur die 48 Immobilien in Österreich, sondern auch das operative Geschäft mitsamt Belegschaft wollte der Immobilientycoon übernehmen. Die Dramatik der Ereignisse war kaum zu übertreffen.

Erst hieß es, Kika/Leiner wolle um 14 Uhr entscheiden, dann wurde die Mitteilung auf 17 Uhr vertagt. Letztlich sollten die Involvierten bis 21 Uhr auf die erlösende Nachricht warten, um dann doch noch die Einigung bekanntgeben zu können. Die Gläubiger stimmen der Benko-Lösung zu. "Die kapitalstarke Signa hat mit der erfolgreichen Sanierung von Karstadt die langfristige Sicherung von Arbeitsplätze bewiesen und wird den Restrukturierungsprozess, den wir Anfang des Jahres begonnen haben, als Garant weiter unterstützen", erklärte Kika/Leiner-Chef Gunnar George.

Aufregung um Bilanzmanipulationen

Steinhoff hatte zu diesem Zeitpunkt in Ermangelung von Alternativen längst zugestimmt, doch am Schalthebel saßen die Gläubiger, denen der südafrikanische Konzern knapp zehn Milliarden Euro schuldet. Sie überlegten lange, ob Benkos Angebot tatsächlich mehr abwirft als eine Verwertung der Vermögen von Kika/Leiner im Zuge einer Insolvenz.

Die Turbulenzen bei Steinhoff waren es auch, die Kika/Leiner in die Bredouille gebracht hatten. Im Dezember des Vorjahres waren Bilanzmanipulationen ruchbar geworden, der Aktienkurs brach um 90 Prozent ein. Die Schulden waren deutlich höher als in den Bilanzen ausgewiesen, verschiedene Vermögenswerte nicht nachhaltig angesetzt, lautete der Tenor. Steinhoff musste abverkaufen, weil die Gläubiger nervös wurden.

Es dauerte nicht lange, da erfasste die Krise Kika/Leiner. Die heimische Nummer zwei hinter XXXLutz ist 2013 von der Familie Koch an die Südafrikaner verkauft worden. Das Unternehmen hatte damals schon Schwierigkeiten, doch mit dem starken neuen Eigentümer im Rücken sollten diese bewältigbar sein. Dachte man.

Schnell geriet Kika/Leiner ins Blickfeld. Erst hoffte das Unternehmen, mit dem Verkauf des Leiner-Flagship-Store auf der Wiener Mariahilfer Straße an René Benko und einer nicht allzu einschneidenden Restrukturierung über die Runden zu kommen. Doch die anhaltenden Probleme bei Steinhoff, auf deren Liquiditätshilfen die Österreicher angewiesen sind, ließen die 5.000 Mitarbeiter nicht zur Ruhe kommen.

Zeichen standen auf Insolvenz

Als die Kreditversicherer vor zwei Wochen die Lieferanten nicht mehr absicherten, war erneut Feuer am Dach. Weil Kika/Leiner Zuschüsse benötigt, die Mutter aber selbst brustschwach ist, geisterte zusehends das Schreckgespenst einer Insolvenz durch die Branche. Mit Ulla Reisch wurde vorsorglich eine Expertin konsultiert, die mit Niki die heuer größte Pleite als Masseverwalterin abgewickelt hat. Am Donnerstag standen dann plötzlich nur noch zwei Optionen zur Verfügung: Verkauf von Kika/Leiner oder Insolvenz. Als potenzieller Käufer trat René Benko beziehungsweise die von ihm aufgebaute Signa-Gruppe auf.

Der kolportierte Kaufpreis von knapp 500 Millionen Euro wurde nicht bestätigt, er liege deutlich darunter, sagten Verhandlungsteilnehmer. (Andreas Schnauder, 14.6.2018)