Seattle – Zwei Arten von Wirbeln – oder "Eddies" – sind auf den Ozeanen omnipräsent: Im Uhrzeigersinn kreist Wasser, das eine höhere Durchschnittstemperatur hat als das der Umgebung. Enthält der Wirbel kälteres Wasser, dreht er sich umgekehrt. Man könne sie sich wie die Wirbel vorstellen, die man in einem Fluss hinter einem Gesteinsbrocken sehen kann, sagt Peter Gaube von der University of Washington. Nur seien die langsamen ozeanischen Eddies so groß, dass man sie gar nicht mehr wahrnehmen könne – nicht einmal dann, wenn man sich mit seinem Schiff mitten in einem befindet.

Da diese manchmal hunderte Kilometer durchmessenden Gebilde Monate oder sogar Jahre Bestand haben können, interessierte sich Gaube dafür, ob sie für die Meeresfauna eine Rolle spielen. In einer früheren Studie hatte er bereits herausgefunden, dass sich Meeresschildkröten gerne in solchen Warmwasserwirbeln aufhalten. Dasselbe scheint aber auch für Weiße Haie zu gelten, wie nun eine in "Scientific Reports" veröffentlichte Studie ergab.

Datensammlung

Forschern der Uni Washington und der Woods Hole Oceanographic Institution gelang es, zwei ausgewachsene Weiße Haie, Lydia und Mary Lee, mit Trackern zu versehen. Das ist zwar kein riesiges Sample, aber dafür lieferten die Sonden sechs Jahre lang Daten über die Bewegungsmuster der beiden Hai-Weibchen. Diese Daten wurden anschließend mit Satellitenaufzeichnungen über die Verteilung ozeanischer Eddies verglichen.

Das Ergebnis: Die beiden Haie verbrachten weitaus mehr Zeit in Warmwasserwirbeln als in deren kalten Gegenstücken. Das ist nicht unbedingt selbsterklärend – immerhin schaffen kalte Wirbel nährstoffreicheres Wasser empor und sollten daher auch eine reichlicher bestückte Nahrungskette ermöglichen, mit dem Hai als Endabnehmer.

Mögliche Erklärungen

Den Forschern fallen dafür zwei Erklärungen ein, und möglicherweise ist auch eine Kombinaton beider die Ursache. Weiße Haie sind als Knorpelfische zwar nicht endotherm (also "warmblütig") im engeren Sinne. Sie können aber ihre Körpertemperatur bis zu einem gewissen Grad regulieren und damit ihre Leistungsfähigkeit erhöhen, etwa bei der Jagd. In wärmeren Gewässern erfordert dieses Hochhalten des Stoffwechsels weniger Aufwand und die Jäger können länger auf Beutefang gehen.

Die andere Hypothese betrifft die Beute selbst. Gaube hält es für möglich, dass die als nährstoffarm geltenden Wirbelregionen ihre attraktive Seite bislang vor uns verborgen haben. "Ozeanische Wüsten" an der Oberfläche, könnten sie in tieferen Schichten – dort, wo kein Satellit mehr Einblick hat – hochproduktiv sein. Der Forscher verweist auf jüngste Studien, denen zufolge sich Fische wie etwa Seebrassen unterhalb von Warmwasserwirbeln aufhalten: Diese und andere Fisch- und Kopffüßerarten wären potenzielles Haifutter. (red, 24. 6. 2018)