Ein sprechender Hund mit Hut, die Erde als Scheibe, dazu ein merkwürdiger Text ("Geht's dem Werner gut, geht's der Erna gut" – warum eigentlich?): Das Werbevideo der Wirtschaftskammer zu flexibleren Arbeitszeiten und zum Zwölfstundentag hat zu Recht einen Shitstorm entflammt. Viel sinnbefreiter kann ein Werbevideo nicht gestaltet werden. In Wahrheit gehört der Kurzfilm aber noch zu dem gelungeneren Teil der Argumentation der Befürworter des neuen Arbeitszeitgesetzes.

Wirtschaftskammer Österreich

In der Sache selbst gibt es keinen Grund dafür, dass die Diskussion so aufgeregt geführt wird. Eine Ausweitung der erlaubten Höchstarbeitszeit auf zwölf Stunden kann sowohl Unternehmern als auch Arbeitnehmern Vorteile bringen. Tatsächlich gibt es in der Industrie und im Dienstleistungssektor Auftragsspitzen, die abgearbeitet werden müssen und wo sich das in acht oder zehn Stunden nicht ausgeht.

Im Gegenzug könnten Arbeitnehmer für die Mehrarbeit von Zuschlägen oder mehr Freizeit profitieren, etwa in Form einer sechsten Urlaubswoche. All das hätten Sozialpartner in einem Deal zum Vorteil beider Seiten ausverhandeln können, am besten auf Ebene der Kollektivverträge und in weiterer Folge in Form von Betriebsvereinbarungen.

Fouls in der Debatte

Die türkis-blaue Regierung hat einen anderen Weg gewählt und will die zulässige Arbeitszeit per Gesetz ausweiten. Demokratiepolitisch ist das in Ordnung, ÖVP und FPÖ verfügen über eine bequeme Mehrheit im Parlament. Nicht in Ordnung ist, wie die Debatte von einigen Befürwortern der Reform geführt wird. Der Generalsekretär der Industriellenvereinigung, Christoph Neumayer, kanzelte die Kritik der Gewerkschaften am Gesetzesentwurf als "Lüge" ab. Die freiheitliche Sozialministerin Beate Hartinger-Klein nennt die Argumente der Arbeitnehmervertreter "unerhört" und ortet einen "Klassenkampf". Die Wirtschaftskammer kritisiert "Propaganda". Das sind schwere Fouls in der Debatte.

Denn den Arbeitnehmern drohen tatsächlich Einbußen. Nach derzeitigem Wortlaut der Regelung können bisherige Überstundenzuschläge bei der Gleitzeit fallen. In vielen Industriebetrieben ist der Zwölfstundentag in Spitzenzeiten bereits erlaubt. Dieses Recht haben sich Arbeitnehmer meist über Betriebsvereinbarungen abkaufen lassen. Diese Vereinbarungen werden nun in vielen Fällen obsolet, weil der Zwölfstundentag künftig nicht nur in Ausnahmefällen gestattet sein wird.

Auch hier kann man über das Für und Wider streiten. Was nicht geht, ist, zu behaupten, dass es keine Änderungen geben wird, und jeden, der widerspricht, als Lügner darzustellen. Zumal das Gesetz zum Zwölfstundentag ohne lange Erklärungen im Nationalrat eingebracht wurde und damit viel Spielraum für Interpretation bleibt.

Besonders bemerkenswert ist, wie die FPÖ die Debatte führt. Sozialministerin Hartinger-Klein sagte in einem Ö1-Interview, in dem sie auf den Wegfall der Überstundenzuschläge angesprochen wurde: "Sie werden sehen, dass das nicht stimmt." Begründung? Keine. Auch der FPÖ-Abgeordnete, der den Arbeitszeitgesetzesantrag eingebracht hat, kann Fragen zu dessen Inhalt nicht beantworten. Entweder die Blauen sind inhaltlich völlig blank, oder sie sagen so wenig, weil sie die Auseinandersetzung fürchten. Aus gutem Grund: Bei der Nationalratswahl stimmten 60 Prozent der Arbeiter für die FPÖ. Wenn sich diese Gruppe verraten fühlt, droht der Partei der Absturz. (András Szigetvari, 19.6.2018)