Die Ehrensalve, Symbol für Frieden und Gastfreundschaft der Tiroler Schützen.

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Innsbruck – Am frühen Sonntagabend twitterte der grüne Klubobmann Gebi Mair ein Bild vom Aufmarsch der Schützen aus Terfens. Darauf sind drei Buben, keine zehn Jahre alt, zu sehen, die in Schützenuniform mitsamt Gewehrattrappen ihre erwachsenen Vorbilder im Hintergrund imitieren. Mair kommentierte das verlinkte Bild mit "Und wenn ihr das nächste Mal über Kriegsspiele in Moscheen schimpft, dann denkt ihr auch an die Terfener Schützen".

Dieser Tweet vom grünen Klubobmann Gebi Mair sorgt in Tirol und in rechten Kreisen für Aufregung.

Die Empörung ließ nicht lange auf sich warten, schließlich gelten die Schützen in Tirol als sakrosant. Zumindest im christlich-konservativen Lager, das politisch das weitaus stärkste ist. ÖVP-Nationalratsabgeordneter und Kurz-Intimus Dominik Schrott zeigte sich fassungslos und fragte Mair: "Was habt ihr nur gegen unser schönes Tirol?!"

FPÖ fordert Mairs Rücktritt

Sogar aus dem Osten kam Schützenhilfe vom FPÖ-"Höhlenmenschen"-Abgeordneten Christian Höbart. Er bezichtigte Mair, "traditionelle Schützen mit radikalen Islamisten" zu vergleichen. "Sie dodeln den politischen Islam herunter", echauffierte sich Höbart. Sein Tiroler Parteikamerad und Landtagsabgeordneter Christofer Ranzmaier forderte Mair nach dieser "unfassbaren Entgleisung" zum Rücktritt auf.

Auch beim höchsten Tiroler Schützen, Landeskommandant Fritz Tiefenthaler, kam Mairs Tweet nicht gut an. Er sah sich veranlasst, dem grünen Klubobmann einen geharnischten Brief zu schreiben, in dem er ihm die "Leitlinien unserer Jugendarbeit" näherbrachte. Auf STANDARD-Nachfrage zeigte Tiefenthaler kein Verständnis für den Vergleich. Dass Kinder in Schützenuniform und mit Waffenattrappen für Beobachter eine eigenwillige Symbolik darstellen, sei für ihn nicht nachvollziehbar: "Das sind keine Waffen, sondern Holzprügel. Und die Ehrensalve ist ein Friedenssymbol."

"Für dich ist keine Kugel mehr im Lauf"

Die Friedenssymbolik der Ehrensalve – die bei Prozessionen und für Ehrengäste abgegeben wird – bestehe laut Tiefenthaler darin, dass sie ein Zeichen der Gastfreundschaft sei: "Indem ich die Waffe in die Luft abfeuere, zeige ich meinem Gast, du bist willkommen. Für dich ist keine Kugel mehr im Lauf." Der Tiroler Tourismus hat diese Symbolik bereits überwunden, doch offizielle Gäste des Landes werden bis heute mit dem "landesüblichen Empfang" begrüßt, bei dem die Schützen diese Salve abfeuern.

Grünen-Politiker Mair fühlt sich indes missverstanden: "Offenbar setzt bei den Leuten das Denken aus, sobald sie irgendwas mit Islam oder Ausländern lesen." Er habe mit seinem Tweet lediglich ausdrücken wollen, dass er beides nicht in Ordnung finde – uniformierte Kinder in Moscheen, die Krieg spielen, und uniformierte Kinder in Schützenkompanien, die mit Gewehrattrappen hantieren: "Wie soll das Kindern einen friedlichen Umgang miteinander vermitteln?"

Mair: "Schützen sind mehr als nur Gewehre"

Als Stubaier Bauernsohn und aktiver Bergretter ist Mair Tiroler genug, um zu wissen, welchen Stellenwert das Schützenwesen hierzulande genießt. Und er betont, dass er die soziale Rolle, die diese Vereine in den Dorfgemeinschaften spielen, keinesfalls mindern wolle: "Die Gewehre sind nicht das Relevante. Die Schützen bringen durch ihre Tätigkeiten gesellschaftlichen Mehrwert." Und er merkt an, dass es den Grundsätzen der Schützen widerspreche, Kindern unter 16 Jahren Waffen zu geben.

Hier widerspricht wiederum Landeskommandant Tiefenthaler: "Wer ab wann Waffen tragen darf, ist bei uns sehr streng geregelt. Wir versuchen, den Kindern von Beginn an einen verantwortungsvollen Umgang damit beizubringen." So dürfen Kinder ab zehn Jahren bei den Meisterschaften mitschießen. Mit Erlaubnis der Eltern sowie einer behördlichen Genehmigung dürfen Jugendliche ab 16 Jahren bei Ausrückungen mit echten Waffen mitmarschieren. Ab dem 18. Lebensjahr dürfen Schützen ganz regulär Waffen tragen. (ars, 22.6.2018)