Große Städte oder kleine, idyllische Dörfer – urbane und ländliche Regionen bieten sowohl Vor- und Nachteile. Die individuellen Vorlieben bezüglich des idealen Wohnorts hängen von vielen verschiedenen Faktoren ab. Was bisher nicht bekannt war: Auch die genetischen Risikofaktoren für Schizophrenie spielen eine Rolle. Das hat eine internationale Forschergruppe herausgefunden.

Die Ergebnisse der zwei Jahre dauernden Studie legen nahe, dass Personen mit hohem genetischem Schizophrenie-Risiko eher in dicht besiedelte Umgebungen ziehen. Dafür wurden Daten von über 500.000 erwachsenen Menschen in Australien, Großbritannien und den Niederlanden herangezogen.

"Die Studienergebnisse legen nahe, dass Personen mit einer stärkeren genetischen Veranlagung für Schizophrenie eher in Städte ziehen", sagt Fabian Streit vom Zentralinstitut für Seelische Gesundheit (ZI) in Mannheim, der an der Studie beteiligt war. "Frühere Studien zeigen, dass negative Effekte einer städtischen Umgebung gerade bei genetisch belasteten Personen besonders stark zum Tragen kommen." Deshalb sei es wichtig, Risikofaktoren frühzeitig zu erkennen und zu minimieren und frühzeitig psychotherapeutische Behandlungsmöglichkeiten anbieten zu können. Derzeit werden am ZI weitere Studien durchgeführt, die die genauen Mechanismen untersuchen.

Städte stressen

Schon seit längerer Zeit ist bekannt, dass das Leben in der Großstadt die seelische Gesundheit belastet. Untersuchungen zeigen, dass bestimmte Gehirnregionen von Städtern stärker auf sozialen Stress reagieren als die entsprechenden Hirnareale der Bewohner ländlicher Regionen. "Die Zusammenhänge sind sehr komplex", stellt Andreas Meyer-Lindenberg, ärztlicher Direktor der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie am ZI, fest. "In aktuell laufenden Studien untersuchen wir systematisch, welche Eigenschaften einer städtischen Umgebung einen Einfluss auf die seelische Gesundheit haben", sagt Meyer-Lindenberg.

Die Forscher beziehen dabei sowohl soziale Begegnungen als auch städteplanerisch beeinflussbare Faktoren, wie Straßenlärm oder die Verfügbarkeit von stressreduzierenden Grünflächen ein. "Zusätzlich werden wir das Zusammenspiel mit der Genetik als weiteren wichtigen Risikofaktor untersuchen", so der ZI-Direktor.

Die Ergebnisse der Forschung sollen helfen, Personen mit erhöhtem Risiko für psychische Erkrankungen wie Schizophrenie zu identifizieren, um ihnen gezielt Präventionsmöglichkeiten anbieten zu können. So sind beispielsweise auch städtebauliche Veränderungen sinnvoll, die die seelische Gesundheit fördern. (red, 27.6.2018)