Wien/Berlin – Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) hat am Mittwoch deutliche Worte in der Frage der möglichen Zurückweisung von Flüchtlingen an deutschen Grenzen gefunden. "Wenn Deutschland glaubt, dass man entgegen internationalem Recht dann einfach Personen nach Österreich zurückbringen kann, dann werden wir den Deutschen erklären, dass wir ihnen diese Personen nicht abnehmen", sagte Kickl im Puls-4-Interview.

Wenn der deutsche Innenminister Horst Seehofer (CSU) der Meinung sei, dass ein anderes Land eigentlich für ein Dublin-Verfahren zuständig wäre, etwa Slowenien oder Kroatien, und sich "quasi das Konsultationsverfahren mit Slowenien und Kroatien sparen und die Leute nach Österreich bringen" wolle, "dann werden wir ihm sagen: Wenn sie schon in Deutschland sind, dann werden sie in Deutschland bleiben. Denn für uns gibt es keinen Grund, diese Personen zurückzunehmen."

Deutscher Koalitionsstreit

Im innerdeutschen Asylstreit zwischen Seehofer und Bundeskanzlerin Angela Merkel sieht sich Kickl dennoch nicht auf der Linie der CDU-Chefin. Der gemeinsame Ansatz müsse das Signal sein, "dass mit dem Durchwinken ein Ende sein muss. Wir müssen das Problem dorthin bringen, wo es in Wahrheit entsteht, und das ist die Außengrenze der Europäischen Union."

Der deutsche Konflikt entzündete sich an Seehofers Vorhaben, bereits in anderen EU-Ländern registrierte Flüchtlinge an der Grenze abzuweisen – auch im nationalen Alleingang. Merkel lehnt das ab und will deswegen bis Ende der Woche über europäische Lösungen verhandeln.

Keine "allzu große" Erwartung

Angesichts des EU-Gipfels am Donnerstag und Freitag sagte Kickl, seine Erwartungshaltung sei "im Hinblick darauf, was in den kommenden Tagen auf europäischer Ebene über die Bühne gehen wird, keine allzu große". Insgesamt sei aber eine Debatte über die künftige Grundausrichtung in Gang gekommen. "Wenn es jetzt – wovon ich eben ausgehe – keine große Einigung auf diesem Gipfel gibt, dann werden wir schon in Innsbruck beim informellen Rat ein neues Modell in die Diskussion bringen mit sieben oder acht Punkten für ein zukünftiges europäisches Asylsystem." Dabei werde der Versuch gemacht, "dieses Asylsystem anzupassen an die Erfordernisse einer globalisierten Welt". Österreich übernimmt am Sonntag für sechs Monate die EU-Ratspräsidentschaft. (APA, 27.6.2018)