Der betroffene Imam ist in einer der von der Regierung eigentlich geschlossenen Moscheen in Wien tätig.

Foto: Christian Fischer

Wien – Den eigentlichen Akt zeigt das Video nicht. Der Imam sitzt vor einem Pult und erklärt jungen Burschen etwas auf Arabisch. Dann holt er locker und fast beiläufig mit der rechten Hand aus, man hört ein Klatschen, sieht aber nicht, wo er hinhaut. Mit "Schlag" hat jemand an dieser Stelle das Bildmaterial untertitelt, das einigen Medien, darunter dem STANDARD, zugespielt wurde. Beilage: ein Foto derselben Szene, auf dem sich ein Kind, das dem Wiener Prediger gegenübersitzt, den Kopf hält. "Imam steht unter Prügel-Verdacht", fasst die Kronen Zeitung zusammen.

Der Geistliche war schon zuvor ins Gerede geraten. Es handelt sich um einen Imam der Arabischen Kultusgemeinde, die kürzlich vom Kultusamt aufgelöst wurde. Zikry Gabal, Vorsitzender des Kultusvereins, hat sich allerdings geweigert, seine Gebetsräumlichkeiten zu schließen. Das Kultusamt will deshalb "alle Möglichkeiten des Rechtsstaates" ausschöpfen – wie genau, ist derzeit noch unklar.

Kultusverein distanziert sich

Von dem betroffenen Imam liegen auch Tonbandaufnahmen vor, die von der Behörde als "wortwörtliche Auslegung des Koran" und "salafistisch" eingestuft werden – sie sind neben allerlei Formalia der Grund, weshalb die Arabische Kultusgemeinde aufgelöst wurde. Gabal hat sich zuerst hinter seinen Imam gestellt, seit das neue Video aufgetaucht ist, distanziert er sich nun von ihm.

Unter jenen Predigern, die von der Regierung ausgewiesen werden sollen, befindet sich der Imam der Moschee in Wien-Mariahilf aber nicht: Von dieser Maßnahme sind derzeit ausschließlich islamische Geistliche betroffen, die für ihre Tätigkeit aus dem Ausland – in den konkreten Fällen aus der Türkei – finanziert werden. Zehn Betroffene sollen bereits einen negativen Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl erhalten haben.

Rund 300 Imame in Österreich

Der Islamwissenschafter Ednan Aslan von der Universität Wien schätzt, dass es in Österreich rund 300 Imame gibt. Genau könne man das nicht sagen, da zahlreiche Prediger bloß ehrenamtlich arbeiten würden und deshalb nicht als solche gemeldet seien. Darüber hinaus würden auch international tätige Prediger Österreich kurzfristig aufsuchen. Grundsätzlich gebe es viele professionelle Voraussetzungen für islamische Prediger, die wie in anderen Religionen auch seelsorgerische Aufgaben hätten, erklärt Aslan. In Österreich würde sich die Qualifikation häufig jedoch darauf beschränken, den Koran "mit schöner Stimme" lesen und rezitieren zu können, sagt der Wissenschafter. (Katharina Mittelstaedt, 29.6.2018)