Sebastian Kurz hat in Zusammenhang mit den weiteren Verschärfungen in der EU-Migrationspolitik für Aufregung gesorgt. Wieder einmal. Oder besser gesagt: Der Bundeskanzler hat für Missverständnisse und Emotion sorgen lassen. Via Regierungssprecher verkündete er nach dem EU-Gipfel, Österreich wolle auf keinen Fall, dass aus dem Mittelmeer geborgene Bootsmigranten in den angedachten EU-Ausschiffungszentren in nordafrikanischen Staaten einen Asylantrag stellen können.

Das war unnötig. Pläne für solche Lager sind derzeit weit weg von der Realisierung. Nun ist es das gute Recht eines Kanzlers, der im europäischen Konzert eine Mitte-rechts-Position einnimmt, zu Hause aber mit der FPÖ eine Rechtsregierung führt, sich vor allem als politischer Sicherheitsmann zu profilieren. Damit hat er letztlich die Wahlen und das Kanzleramt gewonnen. Den Bürgern gefällt's.

Aber auf Dauer wird das zu wenig sein. Man hat sein Mantra, dass er "die Balkanroute geschlossen" und immer schon recht gehabt habe, schon zu oft gehört. Von einem zukunftsorientierten Regierungschef muss man sich mehr erwarten können als nur offensive Negativsignale zur Migration. Kurz muss langsam anfangen, dieses komplexe Thema breiter, sachlicher, konstruktiver zu präsentieren. Der Job als EU-Ratsvorsitzender könnte ein Einstieg sein – auch zu Kritik an Eskapaden seines Koalitionspartners FPÖ. Kurz muss liefern. Auch konkrete humanitäre Lösungen. (Thomas Mayer, 2.7.2018)