Bild nicht mehr verfügbar.

Spaniens Enttäuschung.

Foto: REUTERS/Carl Recine

Moskau – Die Fußball-WM bringt den nächsten vorgezogenen Umbruch bei einem ehemaligen Weltmeister. Nach Deutschland muss sich auch Spanien, der Titelträger von 2010, nach einem enttäuschend frühen Aus für die Zukunft neu aufstellen. Die Iberer scheiterten am Sonntag nach einem 1:1 nach Verlängerung mit 3:4 im Elfmeterschießen im Achtelfinale an Gastgeber Russland.

Wie so oft dominierten die Spanier das Spiel klar, es handelte sich über weite Strecken aber über brotlose Kunst. 1.137 Pässe schlug die "Roja" in den 120 Minuten, nur 285 die Russen. Beim Ballbesitz kam das Team von Fernando Hierro auf 74 Prozent. Einzig zählbarer Erfolg war aber der Führungstreffer in der zwölften Minute, und auch den erzielten die Spanier nicht selbst. Sergej Ignaschewitsch traf ins eigene Tor.

Kein Schrecken

Spanien macht immer noch Eindruck, keine andere Mannschaft kann den Ball so sicher in den eigenen Reihen zirkulieren lassen und hat elf technisch tadellose Spieler auf dem Feld. Doch Spanien verbreitet mit seinem Tiki-Taka keine Angst mehr. Und ist nun trotz des 24. Spiels in Serie ohne Niederlage in der regulären Spielzeit ausgeschieden. Doch schon in der Gruppenphase vermochten die Spanier nicht immer zu überzeugen, der Gruppensieg gelang nur aufgrund eines 1:1 des iberischen Nachbarn Portugal gegen den Iran.

"2008, 2010 und 2012 agierten wir auf einem hohen Niveau mit einem Stil, den niemand zuvor praktiziert hatte", sagte Teamchef Hierro. "Heute haben sich viele Dinge verändert. Jetzt sehen wir, dass Mannschaften mit fünf Verteidigern spielen, was wir für eine vergessene Taktik hielten." Die richtige Antwort darauf haben die Spanier noch nicht gefunden.

Die Probleme hatten schon kurz vor Turnierstart begonnen. Nur zwei Tage vor dem ersten Spiel ersetzte Sportdirektor Hierro den entlassenen Teamchef Julen Lopetegui. Wie es nun auf dem Trainerposten weitergeht, ist noch offen. Diese Woche will der Verband darüber entscheiden, wer die nächste Phase als Nationaltrainer initiieren soll. Hierro hat sich nicht empfohlen und wird wohl auf den Posten als Sportchef zurückkehren. Als neuer Nationaltrainer wird Luis Enrique heiß gehandelt, der zwischen 2015 und 2017 mit dem FC Barcelona neun Titel holte.

Neues Personal

In jedem Fall wird der neue Teamchef auch auf neues Personal setzen müssen. Barcelona-Legende Andres Iniesta erklärte nach dem Ausscheiden seinen Rücktritt vom Nationalteam. "Manchmal kommt das Ende nicht so, wie du es dir erträumt hättest", sagte Iniesta. Er war mit Gerard Piqué, Sergio Ramos, Sergio Busquets und David Silva einer der fünf Weltmeister von Südafrika auf dem Platz. Busquets wird als jüngster davon noch im Juli 30 Jahre alt, weitere Rücktritte sind gut möglich.

Kapitän Ramos sprach von einem "brutalen Tiefschlag", über seine Zukunft im Nationalteam wollte der Innenverteidiger am Sonntag nicht entscheiden. "Wir müssen nach diesem Rückschlag wieder aufstehen. Wir wissen nicht, ob das für einige heute die letzte WM ist", sagte der Real-Verteidiger. Nun soll um Isco die neue Mannschaft aufgebaut werden. "Der Geiger der Titanic", schrieb "Marca" über den 26-Jährigen von Real Madrid, der als einziger bei diesem Turnier durchwegs überzeugte. (APA, 2.7.2018)