Grenzkontrollen Bayern-Österreich

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Innenminister Kickl (vorne) ließ schon vergangene Woche Polizisten im südsteirischen Spielfeld aufmarschieren. Name der Übung: "Pro Border".

Foto: REUTERS/Lisi Niesner

Wien/Berlin/Brüssel – Nach der Einigung im deutschen Asylstreit und der geplanten Einrichtung von Transitzentren an der Grenze zu Österreich bereitet die österreichische Bundesregierung Maßnahmen zum Schutz seiner Südgrenze vor. Dies teilten Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP), Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) und Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) am Dienstag in einer gemeinsamen Stellungnahme mit.

Zugleich erwartet Österreich eine rasche Klärung der deutschen Regierungsposition. Die Bundesregierung sei auf alle Szenarien vorbereitet. "Die Einigung von CDU und CSU deutet darauf hin, dass Deutschland nationale Maßnahmen zur Bekämpfung der Migrationsströme setzen will. Sollte diese Einigung so zur deutschen Regierungsposition werden, sehen wir uns dazu veranlasst, Handlungen zu setzen, um Nachteile für Österreich und seine Bevölkerung abzuwenden. Die Bundesregierung ist daher darauf vorbereitet, insbesondere Maßnahmen zum Schutz unserer Südgrenze zu ergreifen", heißt es in der Erklärung der Regierungsspitze.

"Wir erwarten uns jetzt eine rasche Klärung der deutschen Position in der Bundesregierung. Die deutschen Überlegungen beweisen einmal mehr, wie wichtig ein gemeinsamer europäischer Außengrenzenschutz ist, und es bewahrheitet sich die österreichische Position, dass ein Europa ohne Grenzen nach innen nur mit funktionierenden Außengrenzen möglich ist."

Seehofer telefonierte mit Kurz

Dienstagfrüh hat der deutsche Innenminister Horst Seehofer nach eigenen Angaben mit Bundeskanzler Kurz telefoniert. "Ich habe den Eindruck, dass er an vernünftigen Lösungen interessiert ist", sagte der CSU-Chef. Seehofer wolle zudem "so schnell wie möglich" nach Wien fliegen. Ein genauer Termin stehe aber noch nicht fest.

Die Einigung der Unionsparteien vom Montagabend sieht unter anderem die Einrichtung von Transitzentren für Migranten an der Grenze zu Österreich vor. Die österreichische Bundesregierung erklärte Dienstagfrüh, sie bereite Maßnahmen zum Schutz der Südgrenze vor. Zugleich erwarte Österreich eine rasche Klärung der deutschen Regierungsposition.

Kneissl: "Zur keiner Zeit eingebunden"

"Das wirft eine ganze Reihe von europarechtlichen Fragen auf." Außenministerin Karin Kneissl (FPÖ) hat am Dienstag verhalten skeptisch auf die von den deutschen Unionsparteien präsentierte Lösung ihres internen Asylstreits reagiert. Am Rand eines Treffens mit ihren deutschsprachigen Amtskollegen in Luxemburg war für Kneissl nur eines klar: "Wir waren hier zu keiner Zeit eingebunden."

"Inwieweit das mit Gemeinschaftsrecht vereinbar ist und welche Folgen das für das Europarecht und den Schengenraum haben wird, wird sich weisen", kommentierte Kneissl in Schengen die getroffenen Vereinbarungen zwischen CDU und CSU hinsichtlich der Zurückweisung von in anderen EU-Staaten registrierten Asylbewerbern – und die Rolle, die Österreich dabei zugemessen wird. "Es ist die Rede von einem Verwaltungsübereinkommen (mit Österreich), aber Österreich war hier meines Wissens zu keinem Zeitpunkt eingebunden", sagte die Ministerin. Man warte jetzt auf weitere Details.

Skepsis an Transitzentren

Allerdings machte Kneissl kein Hehl aus ihrer Skepsis gegenüber Einzelheiten der bisher bekanntgewordenen Vereinbarung der deutschen Unionsparteien, konkret die geplanten "Transitzentren", die nicht als deutsches Staatsgebiet gelten sollen: Die Vorstellung, "dass jemand, der nicht registriert wurde, als in Deutschland gar nicht eingereist gilt – das ist eine Fiktion, mit der ich als Juristin nicht ganz zurechtkomme. Wer sich auf deutschem Staatsgebiet befindet, ist dort." Kneissl bekräftigte allerdings: "Wir wissen noch viel zu wenig. Wenn wir weitere Details von deutscher Seite bekommen, werden wir das beurteilen."

"Skurril", konnte sich Kneissl jedenfalls nicht verkneifen, sei jedenfalls die Tatsache, dass sie und ihre Amtskollegen aus der Schweiz, Liechtenstein und Luxemburg ausgerechnet in Schengen, dem Symbolort einer Europäischen Union ohne Grenzkontrollen, mit diesem Schritt der deutschen Regierungsparteien konfrontiert würden. Ihr deutscher Amtskollege Heiko Maas war gleich zu Hause geblieben, um mit seinen SPD-Parteikollegen über die Konsequenzen des CDU/CSU-Kompromisses für die gemeinsame Koalition in Berlin zu beraten.

Scharfe Kritik von SPÖ und Neos

SPÖ-Chef Christian Kern hat den Asylkompromiss der Union in Deutschland scharf kritisiert. "Seehofer und Merkel haben ihren Konflikt auf Kosten Österreichs geschlichtet", sagte Kern der "Süddeutschen Zeitung" online mit Blick auf den CSU-Innenminister und die CDU-Kanzlerin. Für die aktuelle Lage mitverantwortlich machte er auch Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP).

"Kurz hat sich einseitig in einen innerdeutschen Streit zwischen CDU und CSU eingemischt, und die deutsche Regierung hat Kurz nun die Rechnung für dieses Verhalten serviert", kritisiert Kern, und weiter: "Die Kontroverse um die Asylpolitik begann die CSU am Tag nach Kurz' Besuch in Berlin."

Wenig Freude mit dem "Schutz unserer Südgrenzen" hat Neos-Klubobmann Matthias Strolz. Die von der deutschen Regierung geplanten Maßnahmen seien zwar problematisch und "bringen Österreich unter Druck", mitverantwortlich dafür sei aber ÖVP-Bundeskanzler Sebastian Kurz.

Schließung der Grenzen bedeute wirtschaftlichen Schaden

"Er hat sich in einen Pallawatsch hineingeritten", kommentierte Strolz. "Wenn er sich in innerdeutsche Konflikte einmischt, kommen dabei solche Maßnahmen heraus." Es brauche nun dringend Lösungen, die angekündigten Maßnahmen zum Schutz der Südgrenzen hält er allerdings für "völlig unüberlegt". Dieses Vorgehen sei nur geeignet, um "illustre Bilder" zu produzieren, sei aber keine Lösung und führe in die Sackgasse. Bundeskanzler Kurz müsse sich nun entscheiden, ob er gemeinsame europäische Lösungen suche oder weiter in die Sackgasse fahre.

Eine Schließung der Grenzen bedeute einen massiven wirtschaftlichen Schaden. Außerdem verwies er darauf, dass der italienische Innenminister Matteo Salvini als Reaktion alle Migranten ohne Fingerprint nach Mitteleuropa weiterwinken werde.

Strolz plädierte stattdessen erneut für eine europäische Lösung der Asyl-Thematik. "Es funktioniert nicht, dass wir die Probleme nehmen und sie an unsere Nachbarn weitergeben." (red, APA, 3.7.2018)