So ein super Wirtshaus: das eins zu eins aus den 1950ern herübergerettete Interieur des Weinhauses Pfandler, Ex-Pitzl.

Foto: Gerhard Wasserbauer

Im Weinhaus Pfandler gibt es derzeit hauptsächlich kalte Speisen.

Foto: Gerhard Wasserbauer

Die Kronleuchter sind Prachtstücke. Sie schauen abgeschaltet noch besser aus als aufgedreht, wenn sie grell leuchten, wie es halt ist bei nackerten Neonröhren. Anderseits weiß die Legende, dass nur wirtshäusliches Neonlicht einen Blick in jenes schwarze Loch ermöglicht, das der Wiener Seele nennt. Will man das? Na eben.

Im Weinhaus zu den seligen Affen bleiben die Kronleuchter abgedreht, bis es nimmer geht: je später der frühe Abend, desto schummriger das Halbdunkel. Durch die riesigen Fenster des Hauses aus der Staatsvertragszeit fällt so diesiges Licht, wie es die Alleebäume in der Dörfelstraße eben zulassen. Dazu kommt der weiche Schein schwacher, alter Glühbirnen über grün marmorierten Resopaltischen. Das Lokal sieht in diesem fahlen Licht nur noch schöner aus.

Das Industrieparkett scheint trotz vieler Wunden richtiggehend zu leuchten, seit es frisch geschliffen und geölt wurde. Der Schimmer der mannshohen Lamperie ist seidig und schlammig wie ein dunkler Teich, das Glitzern des Zinks der prachtvollen Riebl-Schank ("Wien XII.") verhalten, die Schatten in den drei Alkoven mit ihren Doppelbänken und Sechsertischen nicht so hart wie bei Festbeleuchtung. Durchaus möglich, dass dieses Juwel von einem Wiener Wirtshaus das schönste seiner Art ist.

So packt einen die Ehrfurcht, wenn man hier nach Jahren wieder durch die Türe kommt. Seit 2010 war sie fest verschlossen, schon davor waren die Gäste schütter und karg. Hans Pitzl, Wirt und Sohn des Gründers, hatte sein legendäres, gleichnamiges Weinhaus nach plötzlicher Krankheit von einem Tag auf den anderen nicht mehr aufsperren können. Jetzt hat er es Roman Pfandler übergeben. Der ist ein aus dem Waldviertel zugereister Meidlinger, gründete einst den hübsch abgefuckten Transporter in der Kettenbrückengasse und die Bar Brut beim Off-Theater am Karlsplatz.

Die Küche hat keine Lüftung, weshalb Pfandler einfach ohne Betriebsanlagengenehmigung offen hält und ausschließlich kalte Speisen serviert. Okay, ein paar gratinierte Brote, zum Beispiel mit cremiger Blunze und fantastisch würzigem Bergkäse (Sutterlüty-Ware!) gibt es auch. In Zukunft plant Pfandler, das eine oder andere Schöpfgericht (Fisolengulasch? Szegediner? Eingemachtes Kalbfleisch?) auswärts kochen zu lassen und seinen Gästen verfügbar zu machen. Das wird sicher super.

Erfrischung pur

Die kalten Sachen sind es schon: Selleriesalat, gestiftelt und knackig gegart, mit exzellentem Essig und noch besserem Öl angemacht zum Beispiel. Oder saure Knacker, erstklassige Fleischhauerqualität aus Litschau, mild, sauber, mit wenig rotem Zwiebel, Erfrischung pur. Oder Erdäpfelkas, Kräutertopfen, Bratlfett, alles mehr als gut. Und ein Monument von einem Liptauer: aus Brimsen natürlich, ebenso klassisch wie animierend mit Kapern, Gewürzgurken, Schnittlauch aufgemischt, eine Wohltat. Die Käseplatte hält allerhand Herrliches von Kleinproduzenten zwischen Pielachtal und Vorarlberg bereit.

Dazu gibt es Wein zu mehr als fairen Preisen von einigen der spannendsten Repräsentanten der jüngeren Winzergeneration. Herrliche Zechweine wie den grandios würzigen Welschriesling Neuland von Herbert Zillinger oder Puszta libre von Claus Preisinger, einen dunkelrot kühlen Saft, der unbändig nach Sommer schmeckt. Aber es gibt auch allerhand Tiefgründiges von Holzapfel aus der Wachau, Judith Beck aus Gols, Thomas Straka aus Rechnitz oder den wunderbaren Rotburger (heißt sonst meist nach einem alten Nazi und ist Österreichs beliebteste Rotweinsorte) von Hannes Schuster. Anrufen geht nicht, im Zweifel muss man halt zsamrucken an den prächtigen Tischen. Ist es wert! (Severin Corti, 6.7.2018)