Seit 2016 läuft die TV-Serie "Preacher" auf dem US-Sender AMC, vor kurzem startete die dritte Staffel in der Religion wieder eine zentrale Rolle spielt. Die TV-Adaption, ungefähr 20 Jahre nach dem Erscheinen des ersten Comics entstanden, vermittelt eine Zerrissenheit der Charaktere, die Suche nach einem tieferen Sinn und einen immerwährenden Kampf gegen das Böse. Das Verschwinden Gottes und die Auflösung traditioneller Machtstrukturen sind dabei ebenso zentral, wie Helden, die keine sein wollen und auch auf den zweiten Blick nur schwer als solche erkennbar sind. Trotz zahlreicher Unterschiede stimmen die wesentlichen Elemente der Erzählung des Comics und der TV-Adaption überein. Auch der Grundtenor der Stimmung sowie das Setting, in dem sich die Charaktere bewegen, ähneln sich stark.

Series Trailer MP

Trailer zur Serie "Preacher".

Das US-amerikanische Comic "Preacher" vom Autor Garth Ennis und Zeichner Steve Dillon erschien von 1995 bis 2000 bei Vertigo, das zu DC Comics gehört. Beide hatten zuvor bereits an den Comics "Hellblazer" und "Judge Dredd" zusammengearbeitet.

Der Priester, der Vampir und die Scharfschützin 

Neben Engeln und Dämonen tauchen in der Handlung auch Vampire und andere übernatürliche Wesen auf. Grundsätzlich baut die Erzählung auf einer christlich geprägten Ideenkonstruktion auf: Gott ist verschwunden, und auf der Suche nach ihm ist nicht nur der Weg das Ziel, sondern eben auch die Bekämpfung des Bösen. Und darauf stoßen die drei Hauptcharaktere, der Priester Jesse Custer, seine Ex-Freundin Tulip O'Hare, und ein Vampir namens Cassidy im Laufe der Erzählung immer wieder. Custer wird dabei wiederholt als Antiheld inszeniert. Besessen von einem übernatürlichen Wesen namens Genesis, verfügt er über die Gabe des "Wort Gottes". Dies bedeutet, dass er Befehle in einer bestimmten Art und Weise aussprechen kann, die unbedingten Gehorsam mit sich bringt. Die Frage, ob Jesse dieser Gabe gewachsen ist und welche Konsequenzen damit verbunden sind, ist wesentlich für die Handlung.

Foto: Marco Grob/AMC

Zu Beginn der ersten Staffel wurde der Priester Custer noch von seinen Zweifeln an Gott geplagt. Seine eigenen Zweifel und die Unwissenheit um die Existenz Gottes verstärken dies noch weiter. Unsicherheit, Verzweiflung und Resignation angesichts dieser Aussichtslosigkeit, die er immer wieder in Alkohol zu ertränken versucht, bestimmen seinen Charakter zu Beginn. Aber auch sein Pflichtbewusstsein gegenüber seiner Gemeinde und seinem Vater, der bereits Priester in Annville war, ebenso wie seine Liebe zu seiner Jugendfreundin, sind zentrale Elemente der Darstellung seiner Figur. Im Laufe der Handlung der ersten und zweiten Staffel entwickelt sich sein Charakter jedoch und wird immer stärker durch das Wesen Genesis, das von ihm Besitz ergriffen hat, und der Macht, die Custer dadurch erfährt, geprägt.

Obwohl er als Held inszeniert wird, so entspricht seine Darstellung in der TV-Adaption dennoch keiner traditionellen Heldenrolle mehr. Im Comic wurde er noch verstärkt als rauer aber vertrauenswürdiger Kämpfer in einer gottlosen Welt inszeniert, während seine Darstellung insbesondere in der zweiten Staffel immer widersprüchlicher wird. Auch der Pakt, den Custer in der ersten Folge der dritten Staffel mit seiner Großmutter schließt, um O'Hare zu retten, lässt weitere moralische Baustellen erahnen.

Rotten Tomatoes TV

Auf der Suche nach Gott

Religion wird in "Preacher" ausgesprochen kritisch behandelt. Die Inszenierung Gottes als egoistische und über weite Strecken abwesende Figur ist dabei entscheidend für einen postmodernen Zugang zur grundsätzlichen Frage um die Existenz Gottes. Auch Fragen nach der Verantwortung des einzelnen Menschen für seine Handlungen sowie die Suche nach einem Sinn im täglichen Leben spielen dabei eine Rolle. Himmel, Hölle und in der dritten Staffel nun auch das Fegefeuer, werden mit starkem christlichen Bezug inszeniert. Darüber hinaus wird vor allem institutionalisierte Religion kritisch inszeniert.

Die Abwesenheit Gottes wirft dabei immer wieder religionskritische Fragen auf, die vor allem dem Comic in den 90er-Jahren viel Aufmerksamkeit bescherten. In der TV-Adaption standen bisher vor allem die Auseinandersetzung mit dem Wirken Gottes sowie die Darstellung der christlichen Gemeinde und ihrer Mitglieder in Annville im Mittelpunkt. Außerdem versuchen kirchliche Geheimbünde die Weltherrschaft an sich zu reisen und in Anneville wird zudem jede Menge schwarze Magie betrieben. Dabei taucht die Frage nach Moral sowie nach grundlegenden Werten und Normen immer wieder auf. Dies wird mit der Rückkehr Custers nach Annville und der bisher zentralen Rolle seiner ruchlosen Großmutter in der Handlung der dritten Staffel sicher noch stärker aufgegriffen werden.

Teaser zur dritten Staffel mit klar erkennbaren religiösen Bezügen.
Screenshot: Youtube

Vom Fegefeuer zum Messias

Die Suche nach Gott ist weder einfach, noch wird sie durch Erfolg gekrönt – zumindest nicht in der erwarteten Art und Weise. In der Konfrontation mit zahlreichen Gegenspielern sowie auch in der zunehmenden Komplexität der Beziehung der drei Hauptcharaktere wird sich die Handlung auch in der dritten Staffel sicherlich weiter zuspitzen.

Die Frage nach Custers Rolle als Messias und seine Beziehung zu Herr Starr wird in der zweiten Folge der dritten Staffel bereits aufgerollt. Was es mit der Begegnung zwischen Gott und O'Hare bei ihrer Wiederweckung zum Leben und Rückkehr aus dem Fegefeuer auf sich hat, welche ethischen und moralischen Konsequenzen Custers Heimkehr nach Anneville und seine Mitarbeit in den Machenschaften seiner Großmutter haben, wird sich aber erst in den nächsten Folgen zeigen. Es bleibt abzuwarten, wie sich die dritte Staffel weiterentwickeln wird. Dass Religion dabei eine zentrale Rolle spielen wird, ist aber jetzt schon sicher. (Lisa Kienzl, 5.7.2018)

Weitere Beiträge im Religionswissenschaftsblog