Wieder Luft bekommen: Asthmapatienten können neue Hoffnung schöpfen. Ein Neurodermitis-Medikament könnte auch ihnen helfen.

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Wer an Asthma leidet, kennt die Beschwerden gut: ein Engegefühl in der Brust, pfeifende Atmung, Kurzatmigkeit und Luftnot oder auch nur Husten. Die unteren Atemwege sind chronisch entzündet und überempfindlich. Die Überempfindlichkeit kann durch Allergene, aber auch durch ganz andere Reizstoffe bedingt sein.

Wird Asthma nicht gut therapiert, verringert sich allmählich die Lungenfunktion und damit die körperliche Belastbarkeit. Es können zudem Akutphasen (Exazerbationen) auftreten, in denen sich die Asthmasymptome wie Kurzatmigkeit und Brustenge merklich verschlimmern. Etwa 400.000 Menschen haben hierzulande allergisches oder nichtallergisches Asthma oder eine Mischform. Etwa 20.000 der Asthmapatienten leiden an schwerem Asthma.

"Jede Medikation, die hilft, Asthma besser zu kontrollieren, ist erwünscht", sagt der Lungenfacharzt Felix Wantke, Leiter des Floridsdorfer Allergiezentrums in Wien. "Bereits seit ein paar Jahren ist bekannt, dass sich zu injizierende monoklonale Antikörper für die Asthmatherapie eignen und Exazerbationen verringern."

Erstaunliche Erfolge

Einer dieser spezifischen Antikörper namens Dupilumab könnte insbesondere für Menschen mit schwerem Asthma zum neuen Hoffnungsträger werden. Das entzündungshemmende Dupilumab wurde vergangenes Jahr für die Therapie von Neurodermitis zugelassen. Nun zeigte sich, dass der Antikörper auch bei Asthma erstaunliche Therapieerfolge erzielen kann. Laut den Ergebnissen zweier aktueller Studien in der Online-Ausgabe des "New England Journal of Medicine" lindert er die Asthmasymptome und verbessert die Lungenfunktion. Das Atmen fällt den Betroffenen leichter. Die Therapieerfolge mit Dupilumab sind größer als die der Standardtherapie.

An der ersten einjährigen Studie nahmen 1.900 Asthmatiker ab einem Alter von zwölf Jahren teil. Die Teilnehmer nutzten drei verschiedene Inhalatoren für die Asthmakontrolle: einen Inhalator mit einem Kortikoid (z. B. Prednison) zur Entzündungshemmung, einen zweiten mit einem langwirksamen Bronchodilator, der die Muskulatur der Luftwege entspannt, und einen dritten Notfallinhalator mit schnell wirksamem Albuterol, das bei einem schweren Asthmaanfall rasch die Atemwege aufmacht. Diese Patienten wurden dann zwei Gruppen, Dupilumab (200 und 300 Milligramm alle zwei Wochen) und Placebo, zugeteilt.

Mit Dupilumab halbierte sich die Rate an Exazerbationen im Vergleich zur Placebogruppe, weshalb weniger Krankenhausaufenthalte nötig waren. Patienten, die ein Placebo bekamen, hatten durchschnittlich etwa eine Exazerbation täglich während der Studiendauer. Dupilumab führte bei allen Asthmapatienten zu einer signifikanten Symptombesserung. Der Antikörper war aber bei Patienten besonders wirksam, in deren Blut eine hohe Zahl bestimmter weißer Blutzellen, sogenannte eosinophile Granulozyten, nachweisbar war. Die Zahl der Exazerbationen verringerte sich dann sogar um zwei Drittel.

Besser atmen

Dupilumab bewirkt aber noch mehr. "Es verbessert die Lungenfunktion, die Betroffenen können wieder besser atmen", sagt einer der beteiligten Wissenschafter, der renommierte Lungenfacharzt Mario Castro von der Washington University School of Medicine. Damit ist die Einsekundenkapazität verbessert. Das ist die Luftmenge, die der Patient mit aller Kraft und möglichst schnell innerhalb einer Sekunde ausatmen kann. Das ist sehr erfreulich, weil sich die Lungenfunktion mit der Erkrankungsdauer verschlechtert. Die herkömmlichen Medikamente können sie aber nicht verbessern. "Ich habe so viele Patienten, die schon alle möglichen Therapien ausprobiert haben und noch immer kaum Luft bekommen", berichtet Castro, der große Hoffnungen in Dupilumab setzt.

Die 200 Teilnehmer der zweiten, 24 Woche dauernden internationalen Studie (Dupilumab gegen Placebo) hatten schweres Asthma und verwendeten dieselben Inhalatoren wie die Teilnehmer der ersten Studie. Zusätzlich nahmen sie oral Kortikoide wie Prednison. Die Studienergebnisse zeigen, dass Dupilumab (300 Milligramm alle zwei Wochen) etwa der Hälfte dieser Patienten ermöglichte, die oralen Steroide abzusetzen und deren Nebenwirkungen zu vermeiden. Dazu gehören bei längerer Einnahme Wachstumsprobleme, Diabetes, Grauer Star und Osteoporose. Ein größerer Teil der restlichen Dupilumab-Probanden konnte zumindest die Dosis halbieren. Es traten im Vergleich zum Placebo etwa 60 Prozent weniger Exazerbationen auf. Weiters verbesserte sich die Lungenfunktion.

Als Nebenwirkungen traten bei beiden Studien nur Schmerzen und Schwellungen an der Injektionsstelle sowie ein vorübergehender Anstieg der eosinophilen Granulozyten im Blut auf. "Die Ergebnisse zu Dupilumab sind vielversprechend. Nun ist es wichtig zu klären, wem genau Dupilumab helfen kann und wem nicht", sagt Wantke. (Gerlinde Felix, 5.7.2018)