Altmodisch und irgendwie hip zugleich: die Schreibmaschinentype Courier. Aber weder hat sich die Secession ein neues Corporate Design verpasst, noch ein altes Tastenmonster mit fehlerhaftem "e" im Keller gefunden. Vielmehr verweist das eigentümliche Schriftbild der Drucksorten auf die Zeit, als Textwerk sich noch nicht mit "strg + Druck" aus einer Maschine ergoss. Und es verweist auf einen kleinen Akt der Sabotage. Oder anders gesagt: auf Kunst.

Im Jahr 1980 schrieb die Liverpooler Open Eye Gallery ihre komplette Korrespondenz mit diesem fast unleserlichen "e". Künstler Garry Neill Kennedy hatte sich die Schreibmaschine des Kunstvereins ausgeborgt und die Type unten abgefeilt. Ergebnis der künstlerischen Manipulation: Die Leute mussten aufmerksamer lesen.

Louise Lawler passt Bilder neuen Raumsituationen und politischen Verhältnissen an. So entstehen verzerrende Effekte.
Foto: Louise Lawler

Als man die Aktion im CCA Wattis Institute in San Francisco wiederholte, war Anthony Huberman zwar noch lange nicht Direktor. Aber die Idee der Sabotage griff er dort 2017 für die Ausstellung "Mechanism" auf. Nun ist seine modifizierte (und um einige US-Amerikaner reduzierte) Schau unter dem Titel "Andere Mechanismen" in Wien zu sehen und hat in puncto "Ausbildung neuer Lesestrategien" noch einen Bonustrack parat: Der Katalog ist auf Transparentpapier gedruckt.

Das Konzept klingt eigentlich vielversprechend: Von der Allgegenwart der Maschinen und Algorithmen ist dort die Rede. "Maschinen liegen in der Luft, die wir atmen, beaufsichtigen unser Leben und unsere Körper." Werkzeuge werden zu Mechanismen. "Werkzeuge sind nicht nur nützlich, sondern auch ideologisch", so Huberman. Denn kapitalistische Ökonomie bringt Maschinen und Technologien hervor, die Profitspannen vergrößern. Kunst gehorche diesen Imperativen von Effizienz und Optimierung allerdings nicht. Ihr Potenzial sei, die fluiden Systeme dickflüssig zu machen. Sabotage also. Denn auch "Kunst kann die Maschine nicht stoppen – nichts kann das."

Ist die Maschine nicht zu stoppen, knüpfe einen Knoten in ihren Algorithmus!

Mit dem Bild von Jean Tinguelys selbstzerstörender Maschine im Kopf erscheinen einem die Vehikel der Schau allerdings unbeweglich. Aber es sind nicht Lärm und Kinetik, die fehlen. Es ist etwas, was es an Schärfe und Analyse mit den Worten aufnehmen könnte. Traurige Ausnahme stellt Harun Farockis zu Recht oft gelobte Zweikanal-Installation "Ernste Spiele" (2009) dar. Klug hat er die Schizophrenie vorgeführt mit der die gleichen Computersimulationen zum Trainieren des kriegerischen Ernstfalls und – später – zur Therapie traumatisierter Soldaten eingesetzt werden.

Die Maschine strukturiert den Tag: Tafeln, die die Schichten an der Maschine, notieren. (Arbeit von Lutz Bacher)
Foto: Peter Mochi, Secession

Das Gros der Arbeiten ist aber so stumm, dass zehnzeilige Saaltexte im Vergleich regelrecht geschwätzig wirken. Aaron Flint Jamison hat eine Schürfstation für Bitcoins installiert: Der Server läuft. Der Bildschirm ist schwarz. Jay de Feo arrangierte eine Taschentücherbox 40-mal anders auf einem Kopierer. Louise Lawler verzerrte die Dimensionen eines Ausstellungsfotos, weil sie es auf die Proportionen der Wand angepasst hat. In Reaktion auf Donald Trumps Präsidentschaft fügte sie einen Verzerrungseffekt ein, einen weiteren, weil die Situation in Wien anders ist. Aha. Ergebnis: Mehrfach gestörte Bildfrequenzen – vom eigentlichen Sujet ist sowieso nichts zu erkennen. Lutz Bacher hat Tafeln, auf denen die Schichten der Fabriksarbeiter notiert werden, aufgehängt. Nina Canell und Robin Watkins zeigen Querschnitte von Strom-, Signal und Telekommunikationskabeln.


Jean-Luc Moulène: "Blown Knot 632" (2012)
Foto: Todd White

Soll das subversiv sein? Dann doch lieber gleich so einfache metaphorische Bilder wie jenes des Knotens (Jean-Luc Moulène): Mal stärkt er eine Verbindung, mal stört er, und aus Glas ist er so fragil, dass er seiner Aufgabe nicht gewachsen ist. (Anne Katrin Feßler, 5. 7. 2018)