Im Umhang eines Reverends betrat er die Bühne. Ein weißes Tuch, goldener Latz, insgesamt ein Vorhang im Ausmaß eines Leintuchs für ein King Size Bed. Darunter lugten eher ungöttliche Turnschuhe hervor, Marke Plattfuß am Nil.
Doch nicht nur die Fußbekleidung verdeutlichte, dass hier ein weltlicher Missionar die Bühne der Staatsoper betrat, auch die goldenen Sonnenbrille aus Elvis’ Nachlass war ein Indiz dafür. Und dann erst die Predigt: Let’s Dance lautet die erste Botschaft, verfasst einst von David Bowie und am Freitagabend dem Toningenieur zum Justieren des Klangs zum Fraß vorgeworfen. So begann der Auftritt von CeeLo Green beim Jazzfest Wien.
Die Band wirkte da noch etwas ungelenk, der Sound war übel – doch es wurde besser. CeeLo Green ist 43 und weltberühmt. Verantwortlich für den Ruhm war ein Song, den er 2006 mit dem Produzenten Danger Mouse gemeinsam als Gnarls Barkley in die Welt schmetterte: Crazy – ein globaler Chartsbreaker, dem das 180-Prozent-Falsett Greens das Sahne-Kirschhauberl verpasste.
Sechsköpfige Band
Seither hat der aus Atlanta in Georgia stammenden Mann keine Probleme mehr mit der Miete oder der Altersvorsorge. In die Oper brachte er eine sechsköpfige Band mit: sexy Damen am sexy Rhythmus, inspirierte Handwerker am restlichen Gerät.
Green erwies sich als Energiebündel. Sein Auftritt erinnerte nicht nur wegen seiner Aufmachung an eine Messe – die Dialogversuche mit dem Publikum erinnerten an das Call-and-Response-Programm eines Sonntagmorgens unten in Atlanta.
Immerhin gelang es Green damit, den Saal bald aus den Stühlen zu holen, obwohl viele Songs nur angespielt, in Medleys verwurstet oder wenig originalgetreu dargeboten wurden. Darin lag mitunter aber der Reiz des Abends. Dass er Crazy ein wenig lieblos gesungen hat, mag mit einer gewissen Inflation bezüglich der Bringschuld des Songs in Zusammenhang stehen. Schärfer kam da Bright Lights Bigger City rüber.
Ein Funk-Monster, das seine Band in Richtung Michael Jacksons Billie-Jean-Rhythmus steuerte. Später wurde Donna Summers Discowuchtel I Feel Love angespielt, doch kaum war die Show richtig losgegangen, war sie schon wieder vorbei. So als wollte Green unbedingt noch die zweite Halbzeit von Brasilien gegen Belgien sehen.
Ein kleines Manifest in Richtung Rassismus (der Song Fuck You) – bisserl Zugaben – und der kleine Mann mit der riesigen Stimme war wieder weg. Schade, aber toll. (Karl Fluch, 7.7.2018)