Die FPÖ kritisierte am Wochenende die Pflasterstein-Aktion von Junggewerkschaftern – und nahm dazu SPÖ-Chef Christian Kern in die Pflicht.

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Wien – Der Beschluss über den möglichen Zwölfstundentag für Arbeitnehmer durch Türkis-Blau und Pink im Parlament sorgte am Wochenende für Nachbeben: Weil zuvor – konkret in der Nacht auf Donnerstag – laut den Regierungsparteien rote Junggewerkschafter vor Privatwohnungen von ÖVP- und FPÖ-Abgeordneten Pflastersteine, Grabkerzen und entsprechende Protestplakate gegen die Arbeitszeitflexibilisierung platziert hatten, nahm FPÖ-Klubchef Johann Gudenus am Samstag SPÖ-Chef Christian Kern in die Pflicht.

Mit seinen "Drohungen und der bewussten Verbreitung von Unwahrheiten" müsse sich Kern vorwerfen lassen, solche Aktionen zu provozieren und zu fördern, so der Freiheitliche. Kern selbst hatte zuvor via Ö1 freilich nur erklärt, dass die Regierung über mehr als drei Millionen Menschen hinwegentschieden habe – und dass ein Kippen der neuen Arbeitszeitregeln eine Bedingung für eine künftige Koalition mit der SPÖ sei: "Das werden wir nicht zur Kenntnis nehmen, weil es ein schlechtes Gesetz ist."

Burgenlands Landeshauptmann Hans Niessl (ebenfalls SPÖ) geißelte am Sonntag in der ORF-"Pressestunde" den neoliberalen Kurs der ÖVP und fragte in Richtung des blauen Koalitionspartners: "Wie lange kann es sich die FPÖ bieten lassen, dass Reformen ausschließlich auf Kosten der Arbeitnehmer durchgeführt werden?"

Mitstimmen trotz flammender Gegenreden

Bei den Neos wiederum regt sich intern Kritik, dass man trotz flammender Reden während der Parlamentsdebatte gegen das Vorgehen der Regierung rund um den Zwölfstundentag – keine Begutachtung und Wirksamkeit schon per 1. September – schlussendlich doch mitgestimmt hat. Neben den verärgerten Wortmeldungen von Noch-Klubchef Matthias Strolz ("Weg der Ignoranz") und Sozialsprecher Gerald Loacker (sorgt für "Verwirrung") hatte die Oppositionspartei zuvor außerdem noch auf Abänderungen gedrängt.

Ein Neos-Mandatar zum Auseinanderklaffen zwischen den pinken Auftritten im Nationalrat und dem Abstimmungsverhalten: "Damit es nicht wieder zu einer solchen Bild-Text-Schere kommt, werden wir das in Zukunft sicher besser machen müssen." Hinter den Kulissen habe die Partei von Sonntagabend bis Mitte der Woche mehrmals beraten, ob man dafür oder dagegen stimme – und zwar mit jeweils wechselndem Ergebnis. Zum Schluss habe dann aber die Überlegung überwogen, dass man von der eigenen Wählerschaft wohl eine "Watschn" kassiere, wenn man bei den ohnehin stets geforderten flexibleren Arbeitszeiten nicht mitgehe.

Parallelen zur Showpolitik der Regierung

Eine Parteiinsiderin wiederum merkt selbstkritisch an, dass man sich mit dem eigenen Vorgehen in die Showpolitik der Regierung eingeordnet habe – mit dem Resultat, dass sich keiner mehr auskenne, wofür die Neos stünden.

Gastronom und Unternehmer Sepp Schellhorn erklärt das Dilemma seiner Partei: Es wäre weit schwieriger gewesen, eine Ablehnung des Zwölfstundentages zu argumentieren, wo doch die Arbeitszeitflexibilisierung zentrales Anliegen sei. Dass das Gesetz aber immer noch nicht gut genug ist, gibt Schellhorn im STANDARD-Gespräch zu: "Das schlechte Gesetz macht aber die Regierung, nicht wir." Er erhofft sich Verbesserungen – etwa bessere Rahmenbedingungen für die Kinderbetreuung. (Marie-Theres Egyed, Nina Weißensteiner, 8.7.2018)