Mit einem musikalisch mitreißenden, menschlich berührenden und insgesamt fulminanten Auftritt hat Conchita Wurst am Samstag Tausende junge Budapester begeistert. Der Gig der Eurovisions-Contest-Gewinnerin von 2014 im Budapest Park, der schönsten Freilichtbühne der ungarischen Hauptstadt, war Schluss- und Höhepunkt der "Rainbow Party", die auf die diesjährige Pride folgte.

Dem STANDARD sagte Conchita kurz vor dem Konzert: "Mir ist es sehr wichtig, heute hier zu sein. Die Rechte der LGBTIQ-Community (lesbian, gay, bisexual, trans, intersex, queer) sind hier noch nicht dort, wo sie sein sollten. Die Menschen, die bei der Pride mitgehen und am Rande von rechten Demonstranten angefeindet werden, beweisen großen Mut. Mit der Aufmerksamkeit für mich möchte ich ein Schlaglicht auf diese Situation werfen."

Die Pride vor dem Parlament in Budapest.
Foto: AFP PHOTO / GERGELY BESENYEI

Homophobe Rhetorik

Tatsächlich haben es Menschen mit einer von der gesetzten Norm abweichenden sexuellen Orientierung in Ungarn nicht leicht. Die Regierung des Rechtspopulisten Viktor Orbán grenzt sie immer wieder aus, übt sich immer wieder in homophober Rhetorik. Wenige Tage vor der Pride behauptete etwa Familien-Staatssekretärin Katalin Novák: "Zur Familie gehören ein Mann und eine Frau, dafür reicht genau ein Mann und eine Frau". Unter Orbán haben selbst heterosexuelle Alleinerzieher Paria-Status.

Die Protestierenden treten für gleich Rechte von heterosexuellen und Angehörigen der LGBTIQ-Gemeinde ein.
Foto: AFP PHOTO / GERGELY BESENYEI

Tausende Angehörige der LGBTIQ-Gemeinde und Sympathisanten marschierten am Samstagnachmittag durch die Budapester Innenstadt. Einige Dutzend Rechtsextremisten krakeelten am Rande. Wie in den vergangenen Jahren sperrte die Polizei die gesamte Aufmarschstrecke mit Sperrgittern ab. Damit wurden physische Angriffe der Extremisten auf die Teilnehmer des bunten Umzugs verhindert. Trotzdem stellten sich Beobachter immer wieder die Frage, warum die friedlichen Pride-Teilnehmer und nicht die latent gewaltbereiten Neonazi "eingezäunt" werden.

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Nur im Hintergrund von Conchitas Konzert waren die Störrufe der Rechten zu hören.
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Störaktion geplant

Auch Conchitas Konzert hätte gestört werden sollen. Aus unerfindlichen Gründen genehmigten die Behörden keine 50 Meter von der Bühne des Budapest Park entfernt eine "Gegendemonstration", bei der die Nazi-Band "Romantikus Eröszak" (Romantische Gewalt) mit voll dröhnender Tonanlage Krach machen durfte. Nach Medienberichten waren dabei gerade mal 200 "Kameraden" anwesend.

Das "Ria-Ria-Hungária"-Kampfgeschrei der Nazis legte sich ungut über den sensiblen und lyrischen Gesang der ungarischen Sängerin Ibolya Oláh, die den Anfang machte. Bei der funkigen Party-Musik der Band "The Biebers" war dann der Sound der Bühnenanlage stark genug, um das Störfeuer der Ultras zu unterdrücken.

Auch Conchita hatte in der Folge keine Probleme. Bei einigen ihrer leisen Nummern war der Nazi-Krach dumpf im Hintergrund zu vernehmen. "We are here to be out, to be loud, tob be fucking proud!", rief sie nach der ersten Nummer ins Publikum. Irgendwann verstummten die Krachmacher. Das Publikum gab sich den guten Vibes der Musik von Conchita hin, genoss Songs wie "Heroes", "Purple Rain", "The Show Must Go On". Zum Ausklang schossen bunte Feuerwerksraketen in den Himmel über dem Budapest Park. (Gregor Mayer aus Budapest, 8.7.2018)