Wien – Ein Autofahrer, der am 3. Jänner bei einer von ihm verschuldeten Kollision zwei Menschen getötet hat, ist am Montag am Wiener Landesgericht wegen Mordes zu einer zehnjährigen Haftstrafe verurteilt worden. Die Geschworenen folgten mit deutlicher Mehrheit der Anklage, wonach der 34-Jährige den Tod eines Vespa-Lenkers und dessen Beifahrers bewusst in Kauf genommen haben soll.

Sieben Laienrichter bejahten nach überraschend kurzer Beratungszeit die Anklage, nur ein Geschworener war nicht vom bedingten Tötungsvorsatz überzeugt. Der bisher unbescholtene Angestellte erhielt die gesetzliche Mindeststrafe für Mord, wobei sein bisheriges Wohlverhalten sowie seine zum Unfall grundsätzlich geständige Verantwortung – während er zu Beginn des Ermittlungsverfahrens erklärt hatte, er könne sich an die Kollision nicht mehr erinnern, machte er vor Gericht Angaben zum Geschehen – mildernd angerechnet wurden.

Maßnahmenvollzug empfohlen

Zusätzlich soll der Lenker in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher eingewiesen werden. Die Geschworenen folgten damit einer Empfehlung der Gerichtspsychiaterin Sigrun Rossmanith, die sich im Fall eines Schuldspruchs für die Unterbringung im Maßnahmenvollzug ausgesprochen hatte. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Rossmanith war nach zweimaliger eingehender Untersuchung des Angeklagten und Sichtung aller relevanter Unterlagen zu dem Schluss gekommen, dass dieser ungeachtet einer Alkoholisierung von 2,3 Promille zum Unfallzeitpunkt zurechnungsfähig war. Dabei berücksichtigte die Expertin, dass der Mann in der Lage war, kurz vor dem Unfall in grammatikalischer und orthografischer Hinsicht einwandfreie Whatsapp-Nachrichten an seine Ex-Freundin und seinen Stiefsohn zu schicken. Er war auch imstande, unmittelbar vor dem Aufprall noch ein Bremsmanöver einzuleiten. Vor allem aber war der Angeklagte in der Verhandlung in der Lage, Angaben zum inkriminierten Geschehen zu machen, was gegen ein getrübtes Bewusstsein sprach.

Gefährliche Kombi mit Alkoholsucht

Obwohl die Psychiaterin somit keine höhergradige seelische Abartigkeit und damit keinen Schuldausschließungsgrund feststellen konnte, trat sie dafür ein, den Mann in einer Sonderstrafanstalt behandeln zu lassen. Dafür ausschlaggebend war eine laut Gutachten gegebene kombinierte Persönlichkeitsstörung, die den 34-Jährigen in Verbindung mit seiner Alkoholsucht "hochgefährlich" mache, wie Rossmanith warnte. Seine "narzisstische Kränkbarkeit" sei bei aggressiven Spannungen, zu denen er unter Alkoholeinfluss neige, schwer lenkbar. Der Angeklagte habe seine Impulse dann kaum mehr unter Kontrolle.

Sollte das Urteil Rechtskraft erlangen – Verteidigerin Kerstin König meldete Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung an, Staatsanwältin Angelika Linzner gab vorerst keine Erklärung ab –, bedeutet das, dass der Mann theoretisch über die ausgesprochene zehnjährige Freiheitsstrafe hinaus ohne zeitliche Befristung angehalten werden kann. Eine Entlassung wäre nach Verbüßung der Haftstrafe erst nach erfolgreichem Therapieverlauf möglich, wenn psychiatrische Sachverständige bescheinigen, dass von dem Mann keine Gefahr mehr ausgeht. (APA, red, 9.7.2018)