Zeitweilig zu einem Bucheinband zusammengepappt, hat der Basler Papyrus nun sein Geheimnis preisgegeben.
Foto: Universität Basel

Basel – Einen prominenten Verfasser dürfte ein Papyrus haben, der zu einer Sammlung der Universität Basel gehört. Lange Zeit hatte das beidseitig in Spiegelschrift beschriebene Dokument Rätsel aufgegeben. Nun berichtet die Uni Basel, dass es wohl auf den legendären Arzt Galen aus der Antike zurückgeht.

Die Basler Sammlung umfasst 65 Schriftstücke in fünf Sprachen, die im Jahr 1900 angekauft wurden. In ihr befinden sich aber auch zwei Papyri, die bereits im 16. Jahrhundert nach Basel gelangten und vermutlich zum Kunstkabinett des Basilius Amerbach gehörten, eines Juristen und Kunstsammlers, der eine sogenannte Wunderkammer voller Kuriositäten eingerichtet hatte.

Verborgene Seiten

Einer dieser so genannten Amerbach-Papyri ist auf beiden Seiten in Spiegelschrift beschrieben, sein Ursprung blieb unklar. Erst durch vom Basler Digital Humanities Lab angefertigte Ultraviolett- und Infrarot-Aufnahmen konnte jetzt festgestellt werden, dass es sich bei diesem 2.000 Jahre alten Dokument gar nicht um einen einzigen Papyrus handelt, sondern um mehrere ineinander verklebte Papyrusschichten.

Für die Trennung der Lagen wurde ein spezialisierter Papyrusrestaurator nach Basel geholt, wodurch der auf Griechisch verfasste Text nun erstmalig entziffert werden konnte. Es zeigte sich, dass er nicht – wie die Mehrheit aller Papyri – ein Alltagsdokument wie ein Vertrag oder ein Brief ist, sondern der Literatur zugerechnet werden muss.

Fachliteratur

"Wir können jetzt sagen, dass es sich um eine medizinische Schrift aus der Spätantike handelt, die das Phänomen des 'hysterischen Atemstillstands' beschreibt", sagt Sabine Huebner, Professorin für Alte Geschichte an der Uni Basel, und stuft die Entdeckung als sensationell ein. "Wir gehen davon aus, dass es sich entweder um einen Text des römischen Arztes Galen handelt oder aber um einen unbekannten Kommentar zu dessen Werk".

Galen wurde um das Jahr 130 unserer Zeitrechnung im griechischen Pergamon geboren, das zum Römischen Reich gehörte. Den größten Teil seines Lebens verbrachte er in Rom, wo er unter anderem das aus 14 Büchern bestehende Werk "Methodus medendi" verfasste. Nach Hippokrates gilt er als der bedeutendste Arzt der Antike.

Dass der Spiegelschrift-Papyrus – direkt oder indirekt – auf Galen zurückzuführen ist, konnte durch einen Hinweis aus Italien herausgefunden werden. Ein Experte sah Parallelen zu den berühmten "Ravenna-Papyri" aus der Kanzlei der Erzdiözese Ravenna. Unter diesen fanden sich auch Handschriften Galens, die später als Palimpsest wiederverwendet und überschrieben wurden. Eine ähnliches mittelalterliches Recycling könnte auch dem Basler Papyrus widerfahren sein, der in mehreren zusammengeleimten Lagen vermutlich als Bucheinband genutzt wurde. (red, 12. 7. 2018)