Vom Sektionschef zum "Sonderbeauftragten Gesundheit": Clemens Martin Auer.

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Wien – Mit dem organisatorischen Umbau des Sozial- und Gesundheitsministeriums wird der langjährige Sektionschef Clemens Martin Auer seinen Job verlieren. Der ausgewiesene Experte gilt als maßgeblicher Architekt der Gesundheitsreformen der letzten 15 Jahre. Ganz aufgelöst wird die Sektion für öffentliche Gesundheit und medizinische Angelegenheiten, die Pamela Rendi-Wagner (SPÖ) vor ihrer Bestellung zur Ministerin geleitet hat.

Der organisatorische Umbau des Ressorts von Beate Hartinger-Klein (FPÖ) betrifft nur die drei mit Gesundheit befassten Sektionen, alle anderen bleiben praktisch unberührt. Die Leitung der Sektion "Gesundheitssystem" Auers wird neu ausgeschrieben, das ist rechtlich so vorgesehen, weil mehr als die Hälfte verändert wird. Damit verliert Auer seinen Job. Er bestätigte im Gespräch mit der Austria Presse Agentur, dass er sich nicht mehr bewerben werde. Er könnte Rechtsmittel gegen die neue Geschäftseinteilung einlegen, aber auch das werde er nicht tun.

Eine Sprecherin des Sozialministeriums erklärte, das Ausscheiden Auers erfolge "im Einvernehmen", man habe mit ihm eine Einigung gefunden. "Nur schwer verständlich" ist für das Ressort, warum sich die Personalvertretung gegen die neue Geschäftseinteilung querlegt. Das rasche Finden eines adäquaten Ersatzes werde damit erschwert, meinte die Sprecherin.

Furcht vor Zerstörung bewährter Strukturen

Die neue Geschäftseinteilung soll demnächst wirksam werden, sie hätte eigentlich schon mit 1. Juli in Kraft treten sollen. Derzeit liegt sie allerdings noch bei der Personalvertretung, die nicht zugestimmt hat und noch Gespräche mit Generalsekretärin Helene Guggenbichler führt. Die Personalvertretung kann keinen logischen Grund für die Umstrukturierung erkennen und befürchtet eine Zerstörung bewährter Strukturen. Auch größere finanzielle Einsparungen seien nicht zu erwarten, hieß es von Expertenseite aus dem Ressort. Es wird zwar einen Sektionschef weniger geben, dafür aber zwei Gruppen mehr. Und außerdem hat Auer noch einen aufrechten Vertrag, der bezahlt werden muss.

Unverständnis herrscht im Ressort auch deshalb, weil der der schwarzen Reichshälfte zugerechnete Experte jetzt unter einer blauen Ministerin gehen muss, sein Vertrag zuvor aber zweimal von den roten Ministern Alois Stöger und Sabine Oberhauser verlängert worden war. Auer bekommt stattdessen einen Job als "Sonderbeauftragter Gesundheit" des Ministeriums angeboten. Diesen werde er auch annehmen, kündigte er bereits an. Er werde dabei vor allem internationale Aufgaben wahrnehmen und etwa den Sitz im WHO-Exekutivrat einnehmen, den Österreich im September offiziell bekommen soll.

Völlig aufgelöst

Auer leitet seit 2005 die Sektion "Gesundheitssystem" und hat seither alle strukturpolitischen Reformen im Gesundheitswesen maßgeblich mitbestimmt. Auch am Aufbau der Elektronischen Gesundheitsakte ELGA war er federführend mitbeteiligt. Vor seiner Bestellung zum Sektionschef war Auer Kabinettschef der damaligen Gesundheitsministerin Maria Rauch-Kallat (ÖVP) und von 1993 bis 2003 Leiter der Politischen Abteilung der ÖVP. Hauptverbands-Chef Alexander Biach bezeichnete Auer zuletzt als "Dirigent der Gesundheitsreform". Er äußerte "große Sorge", dass die Gesundheitsreform nicht erfolgreich fortgesetzt werden könnte, weil sich Auer als Koordinator aus der Zielsteuerungskommission verabschiedet habe. Biach appellierte an die Politik, ganz rasch für einen adäquaten Ersatz zu sorgen.

Völlig aufgelöst wird die Sektion für öffentliche Gesundheit und medizinische Angelegenheiten, die Rendi-Wagner vor ihrer Bestellung zur Ministerin geleitet hatte. Rendi-Wagner hätte zwar als Beamtin ein Rückkehrrecht ins Ministerium, das werde sie jedoch nicht annehmen, versicherte die nunmehrige Abgeordnete. Die Sektion wird auf die beiden anderen Gesundheitssektionen aufgeteilt. Experten des Ressorts befürchten nun, dass die medizinische Expertise verloren gehen könnte. (APA, 12.07.2018)