Suche nach der Schönheit. Cecil Beaton im Selbstporträt (1925).


Foto: StudiocanalGmbH / Courtesy of the Cecil Beaton Studio Archive at Sotheby's

Wenn einer der berühmtesten Fotografen des 20. Jahrhunderts behauptet, er habe sich das Fotografieren als Beruf nicht ausgesucht, klingt das ein wenig nach Understatement. "I started out with very little talent."

Andererseits war Cecil Beaton nicht dafür bekannt, Leben und Arbeit einem Plan zu unterwerfen. Beaton war, bei aller ausgesuchter Kunstfertigkeit seiner Bilder, ein Meister der Intuition, der es verstand, in die Welt einzutauchen – und zwar in eine, die er sich fantasierte und dann zurechtlegte.

Angesichts seiner berühmten Gesellschaftsporträts aus Film, Mode und Literatur will man kaum glauben, dass es Beaton, 1904 in eine Londoner Kaufmannsfamilie geboren, zunächst einfach nur darum ging, der Flüchtigkeit des Lebens mit der Kamera etwas entgegenzusetzen.

Talent und Narzissmus

Doch vielleicht hat das eine mehr mit dem anderen zu tun, als man glaubt. Seine Bilder von Marlene Dietrich, Maria Callas, Marilyn Monroe, den Rolling Stones, Truman Capote oder der englischen Königsfamilie inszenieren Ikonen des Alltags für die Ewigkeit.

Trailer zu "Love, Cecil".
Constantin Film Österreich

Zu Beginn von Love, Cecil sieht man in einer Archivaufnahme den schon in die Jahre gekommenen, aber selbstverständlich noch immer gut aussehenden Beaton beim Interview. Mit Hut und überschlagenen Beinen, mit leicht hoher Stimme so näselnd, wie man es sich von einem britischen Dandy erwartet. Nicht nur sein Talent, das er nicht gehabt haben will, machte Beaton zum Star, sondern auch sein Narzissmus.

Love, Cecil wirkt als Film überraschend stimmig so getrieben wie Beaton selbst. Denn der Fotograf, Modedesigner, Filmausstatter und Autor von mehreren Dutzend Büchern war im Nachhinein über Jahrzehnte immer dort, wo sich das Jahrhundert entzündete: in den Roaring Twenties, im Swinging London, in den Hollywoodstudios der 50er-Jahre.

Schatten der Liebe

Regisseurin Lisa Immordino Vreeland versieht ihre knapp 100-minütige Dokumentation denn auch mit allem, was das Kino in so einem Fall aufzubieten hat: Off-Kommentar, Interviews, Archivmaterial, Filmausschnitte. David Hockney erzählt, wie ihm Beaton als Erster ein Bild abkaufte, sein Filmbiograf David Bailey hat die konfrontative Zusammenarbeit nach Jahren überwunden, und man sieht die aufgehübschte Audrey Hepburn auf der Pferderennbahn in My Fair Lady, für den Beaton Kostüme und Ausstattung entwarf und prompt zwei Oscars bekam. Katherine Hepburn stand Beaton nicht so zu Gesicht: "She is a dried-up boot."

Nie überwunden hatte Beaton seine unerwiderte Liebe zum Kunstsammler und Mäzen Peter Watson, die sich wie ein Schatten auch über den Film legt. Seine Leidenschaft – etwa auch jene für Greta Garbo, die schönste Frau, die er je fotografiert haben wollte – gehörte indes in eine Welt, die Beaton nicht formen konnte, sondern deren Traumata er wie jedermann akzeptieren musste. (Michael Pekler, 15.7.2018)