Das junge Gesicht der WM: Frankreichs 19-jähriger Kylian Mbappé will den Goldenen Ball für den besten Spieler.

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Wer drückt dem Finale seinen Stempel auf? Antoine Griezman oder Luka Modric?

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Gianni Infantino, der Weltverbandspräsident, bei dessen Ansichtigwerden einem stets das schöne Wort "scharwenzeln" jede weitere Überlegung zu diesem Mann und seiner Truppe ein wenig eintrübt – dieser Gianni Infantino hat sein Urteil schon gefällt. Es ist eindeutig. "Es ist die beste WM, die jemals stattgefunden hat."

Diese "Seit ein paar Jahren habe ich gesagt, dass das die beste WM überhaupt sein wird"-Weltmeisterschaft wird am Sonntag zu Ende gehen mit einer sehr überraschenden Endentscheidung. Frankreich vs. Kroatien! Wär hätte ernsthaft damit gerechnet? Abgesehen von den 67 Millionen Franzosen und den vier Millionen Kroaten?

Das Herzstück

Frankreich gilt gemeinhin als Favorit, wenn auch als leichter, zumal es hoffärtig wäre, in einem WM-Finale eine Bank identifizieren zu wollen. Die spektakulären Stärken der Franzosen unter ihrem Coach Didier Deschamps liegen zweifelsohne in der Sturmabteilung. In die schalten sich zuweilen auch Paul Pogba oder Blaise Matuidi ein.

Pogba bildet gemeinsam mit dem nicht ganz 1,70 Meter großen N’Golo Kanté von Chelsea, der unauffällig tut, was dieses französische Team so stark macht, das Herzstück.

Die Strahlkraft eines Kylian Mbappé oder Antoine Griezmann übertüncht ein wenig den Umstand, dass diese Blauen auch eine sehr defensive Ausstrahlung haben können. Belgien etwa ist im Halbfinale daran verzweifelt.

Das Pinkerl

Auch deshalb, weil Deschamps es versteht, die Seinen penibel auf den Gegner einzustellen. Und unter den Seinen hat er – Namen wurden schon erwähnt – solche, die das stets zugeschnittene, in sich aber auch extrem situationselastische Konzept umzusetzen Paul Pogba gegen Luka Modrić – das wird wohl ein großes, denkwürdiges Duell.

Man schleppt allerdings auch ein Pinkerl mit hinein in dieses Spiel, ein vielleicht entscheidungsträchtiges. Daheim nämlich scheint sich die Freude über diese junge, schöne, stolze Truppe zu einer Art Anspruch verdichtet zu haben. Die Niederlage im Finale der Heim-Europameisterschaft 2016 gegen Portugal soll nun ausgebügelt werden. Was heißt soll? "Wir müssen das Finale gewinnen, weil wir die Niederlage von vor zwei Jahren noch immer nicht verarbeitet haben", sagt Deschamps. Aber das haue schon hin, weil:_"Die Spieler sind zwar jung, haben aber Charakter. Eine Siegermentalität."

Die Mentalität

Jetzt erzähle aber einmal einem Kroaten etwas über "Siegermentalität"! Neben all der ballesterischen Hochqualität und der jeweils punktgenauen taktischen Variabilität der kroatischen Brieskicker verblüffte und beeindruckte in der K.o.-Runde vor allem diese Unerbittlichkeit gegen sich selbst, den Willen, den Erfolg auch weit jenseits der Schmerzgrenze zu suchen. Dieses kroatische Team hat vor dem Finale nicht nur einen Tag weniger zum Regenerieren gahabt, sondern auch ein Match mehr in den Beinen als der Gegner. Dreimal hintereinander ging es ja über 120 Minuten, das summiert sich.

Zlatko Dalić, der 51-Jährige, der das Team im Oktober des Vorjahres übernommen hat, gibt zwar zu, dass es hart ist, 90 Minuten mehr in den Knochen zu haben. "Aber es sieht so aus, dass je härter es wird, desto besser werden wir." Dalić, von Verbandschef Davor Šuker als Notnagel mitten in die bereits gescheitert scheinenden Qualifikation geholt, hat es geschafft, aus einer Truppe altgedienter, verdienter Legionäre eine eingeschworene Partie zu machen. In der er gewissermaßen Primus inter Pares ist. Zlatko Dalić ist ganz gewiss die Trainerentdeckung dieser WM.

Modric oder Mbappe

Jetzt sagt er: "Es gibt keine Ausreden. Es ist in unserem Leben eine einzigartige Chance. Ich bin sicher, dass wir die nötige Stärke und Motivation finden werden." Denn im Gegensatz zum Gegner stehe man ja nicht unter Druck. Der dritte Platz aus 1998 ist bereits nur mehr zweitbestes Nationalergebnis. Jetzt gebe es die Chance, als zweitkleinstes Land nach Uruguay mit seinen 3,5 Millionen Einwohnern Weltmeister zu werden.

Frankeich und Kroatien streiten sich am Sonntag auch um den Titel des besten Spielers im Turnier. Frankreich schickt Kylian Mbappé ins Rennen. Kroatien wohl Luka Modrić.

Den lobt nicht nur sein Trainer über den grünen Klee. Didier Deschamp soll sich fürchten: "Nach dieser Saison mit Real Madrid sprintet Luka noch immer nach 116 Minuten dem Ball hinterher. Er führt das Team, er ist für mich der Mann des Turniers. Er verdient diese Trophäe."

Nein, sagt Paul Pogba. Das Verdienst gehöre wohl dem jungen Kylian Mbappé, der selbst schon diesbezüglich aufgezeigt hat: "Er will es, weil er das Talent dazu hat und das Recht, es zu sagen."

"Will see", sagt man heute, wozu die Oma einst richtiger gesagt hat: "Es muaß sein und net aa." Und damit liegt jedensfall keiner falsch. (Wolfgang Weisgram, 13.7.2018)

WM-Finale

Frankreich – Kroatien (Moskau, Luschniki-Stadion, 17.00 Uhr MESZ/live ORF eins, SR Pitana/ARG)

Frankreich: 1 Lloris – 2 Pavard, 4 Varane, 5 Umtiti, 21 Hernandez – 13 Kante, 6 Pogba – 10 Mbappe, 7 Griezmann, 14 Matuidi – 9 Giroud

Ersatz: 16 Mandanda, 23 Areola – 3 Kimpembe, 17 Rami, 19 Sidibe, 22 Mendy, 8 Lemar, 12 Tolisso, 15 N'Zonzi, 11 Dembele, 18 Fekir, 20 Thauvin

Kroatien: 23 Subasic – 2 Vrsaljko, 21 Vida, 6 Lovren, 3 Strinic – 7 Rakitic, 11 Brozovic – 18 Rebic, 10 Modric, 4 Perisic – 17 Mandzukic

Ersatz: 1 Livakovic, 12 L. Kalinic – 5 Corluka, 13 Jedvaj, 15 Caleta-Car, 22 Pivaric, 8 Kovacic, 14 Bradaric, 19 Badelj, 9 Kramaric, 20 Pjaca

Es fehlt: 16 N. Kalinic (seit zweitem Gruppenspiel nicht mehr im Kader)