Als Spieler bereits Weltmeister: Didi Deschamps.

Foto: AFP PHOTO / FRANCK FIFE

Istra/St. Petersburg – Schon als Fußballer war Didier Deschamps durch und durch Anti-Romantiker. "Ich habe den Fußball nie des Spielens wegen gespielt, sondern immer des Gewinnens wegen", lautete sein Credo. Mit dem führte er Frankreich als Kapitän 1998 zum erstmaligen WM-Triumph, zwei Jahre später zum EM-Titel.

Seit 2012 ist dieser kompromisslose "General" von einst nun Selectionneur, ultimativer Pragmatiker ist er geblieben. Auf diese Weise gelang dem Rekord-Nationaltrainer (82 Spiele) der nächste Final-Doppelpack. Zwei Jahre nach dem verlorenen Endspiel der Heim-EM 2016 greift seine Auswahl am Sonntag (17.00 Uhr MESZ/ZDF und Sky Deutschland) in Moskau nach dem zweiten Stern. Der würde die Deschamps-Kritiker in der Heimat wohl endlich verstummen lassen.

Vorwürfe

Kein Konzept, zu viele Regeln, kein Händchen für schwierigere Charaktere – irgendetwas hatte immer irgendjemand an dem Basken auszusetzen. Variierte er sein System, um die vielen Ausnahmekönner besser zur Geltung kommen zu lassen, wurde es ihm nicht als taktische Raffinesse, sondern als Ratlosigkeit ausgelegt.

Ließ er Karim Benzema nach der Sex-Video-Affäre zu Hause, warf man ihm Rassismus vor. Sortierte er nach und nach die Rebellen von 2010 aus, die mit ihrem Trainingsstreik in Südafrika den Ex-Weltmeister der Lächerlichkeit preisgegeben hatten, wurde er als Disziplinfanatiker verspottet.

Seit dem Heimturnier 2016 verfolgt ihn der Ruf, in erster Linie ein großer Glückspilz zu sein. Symbolisch dafür steht eine dicke, blaue Katze, die ein Karikaturist der L'Equipe erschuf ("La chatte a Deschamps"). "Ich bin sicher oftmals zur richtigen Zeit am richtigen Ort", sagte Deschamps kürzlich dazu, "aber dass das mein Image sein soll, kümmert mich nicht."

Kein Zidane statt Deschamps

Und auch während dieser WM in Russland wurde schon wieder gelästert. Da kolportierten die Medien, dass Ex-Real-Trainer Zinedine Zidane seinen früheren Teamkollegen (Vertrag bis 2020) vorzeitig ablösen werde, falls "DD" scheitert. Tat er aber nicht.

Stück für Stück hat Deschamps ein Team nach seinem Abbild geformt. Das nüchterne 1:0 im Halbfinale am Dienstag gegen Belgien war der beste Beleg. Der Erfolg basiert jedoch auch auf der Entscheidung, nicht die 23 größten Talente nach Russland mitzunehmen, sondern einen Kader, der zusammenpasst und hundertprozentig hinter seiner Idee vom pragmatischen Fußball steht. (sid, 13.7.2018)