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Vom Eisenberg hat man einen gigantischen Blick auf die ungarische Tiefebene.

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Clemens Bergers letzter Roman "Im Jahr des Panda" erschien im Luchterhand-Verlag. Der Eisenberg spielt darin eine tragende Rolle.

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Der Eisenberg im Südburgenland ist für mich zweierlei: Sehnsuchtsort und Kindheitserinnerung. Beinahe jeden Sonntag machten wir Großstädter aus Oberwart mit unseren Eltern, deren Freunden und Kindern einen Ausflug in diese Gegend, die für ihren schweren Rotwein bekannt ist. Wir spielten zwischen den Kellerstöckln und den Weinstöcken, die sich über die sanften Hügel ringsum ausbreiten, stritten uns mit den ortsansässigen Kindern. Im Weinkeller unseres Lieblingswinzers turnten wir auf den alten Holzfässern herum. Noch heute habe ich diesen unverwechselbaren Geruch in der Nase. Wir spazierten an der österreichisch-ungarischen Grenze entlang. Ein Hauch von Abenteuer schwang dabei mit, der Eiserne Vorhang mit seinen Wachtürmen, Wachsoldaten und Wachhunden und dem Stacheldraht war direkt vor unseren Augen.

Unendlich weiter Blick

Was dahinter lag und liegt, ist vom Eisenberg, einem Hügel auf etwa 250 Metern Meereshöhe, den die Flachländer Berg nennen, aus zu sehen: die ungarische Tiefebene, flach bis zum Horizont. Das Auge findet keinen Anhaltspunkt, nichts stört den Blick, keine Erhebung, kein Berg. Es entsteht der Eindruck, man könnte unendlich lang geradeaus weitergehen. Noch heute fasziniert mich dieser Blick. Ich kehre immer wieder dorthin zurück und lasse diese Eindrücke in meine Geschichten einfließen. Und das offenbar so lebhaft und mitreißend, dass sich Freunde von mir dort ein Haus gekauft haben, weil ihnen der von mir beschriebene Eisenberg, wohin sich ein Künstler zurückzieht, so gefallen hat. Ich habe diesem fiktiven Künstler sozusagen meinen Traum erfüllt, indem ich ihm ein Haus in dieser wunderbaren Landschaft gab. Und das Erste, was meine Freunde sagten, als ich zum Antrittsbesuch kam, war: Hier wirst du gut schreiben können.

Den Lieblingswinzer gibt es immer noch, er ist größer geworden. Trotzdem sind heute an Sonntagen weniger Menschen zu sehen als damals. Der Besuch einer Buschenschank ist obligatorisch am Eisenberg. Die Preise vor Ort sind für manche ein freudiger Schock. Ein Freund aus Paris fotografierte einmal die Speisekarte. Ich fragte ihn, was er da mache. Glaubt mir keiner, sagte er, dass es irgendwo etwas unter einem Euro gibt. (Clemens Berger, 20.7.2018)