Medienaktion zum Frauenvolksbegehren. Trotz Dohnal-Revolte, Gleichstellungsgesetzes, Aufbegehrens gegen Ungerechtigkeiten: Die Ansichten mancher österreichischer Männer ...

Foto: APA / Hans Punz

... sollten auch die jetzige Frauenministerin Juliane Bogner-Strauß aufhorchen lassen.

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Ö3 ist ein lustiger Radiosender, und eine seiner lustigsten Sendungen heißt "Frag das ganze Land". Dabei werden Woche für Woche Meinungsverschiedenheiten unter Paaren, Freunden und -innen sowie Familienmitgliedern öffentlich ausgetragen – "Dilemmas" genannt, was grammatikalisch richtig, aber gewöhnungsbedürftig ist.

Eine kleine Umfrage im Bekanntenkreis ergab, dass die Sendung oft gehört wird (auch wenn es manche nur widerwillig zugeben). Und zwar mit einer gewissen, nun ja, abgründigen Faszination. Oft ist man völlig baff, welche Probleme die Österreicherinnen und Österreicher so umtreiben und was sie so alles an Privatem, Peinlichem von sich preisgeben. Das Team der Moderatorinnen und Moderatoren führt sympathisch und fröhlich durch die Untiefen des Zwischenmenschlichen und erörtert Beziehungsfragen wie etwa: Vor dem Fernseher essen oder nicht? Darf der Hund ins Bett oder nicht?

Geld fürs Bügeln

Manchmal wird es aber auch grundsätzlich – wie am vergangenen Samstag: Ein Paar mit gemeinsamem Kind breitete sein finanzielles Dilemma aus. Er arbeitet Vollzeit und hat Aussicht auf eine noch besser bezahlte Position, sie arbeitet Teilzeit, kümmert sich ums Kind und will, dass er 100 Euro mehr zur Wohnungsmiete beisteuert. Er sagt, das tue er nur, wenn sie fortan seine Hemden bügle.

Einmal kurz nichtsahnend das Radio aufgedreht – schon befindet man sich mitten in der Steinzeit der Gleichberechtigungsdebatte. Als ob es eine Frauenministerin namens Johanna Dohnal nie gegeben hätte. Als ob es nie eine Bewusstseinskampagne für die Familienarbeit ("Halbe-Halbe") gegeben hätte. Als ob nicht tausende Male geschrieben, analysiert, kritisiert worden wäre, was es bedeutet, wenn frau "für die Familie" beruflich kürzertritt – und was das für Folgen haben kann: Einkommensschere, Karriereknick, Altersarmut.

Grundsatzdebatte

Und dann stellt man fest, dass es auch im Jahr 2018 Männer gibt, die meinen, die Partnerin, die im Sinne ihrer Familie Teilzeit arbeitet und mehr zu Hause beim Kind ist, müsse für ihn, den Vollzeitmann, "extra" etwas tun, um mehr Geld in die Haushaltskassa zu bekommen. Die betroffene Frau wird in diesem Streit ums Geld nicht etwa grundsätzlich. Sie sagt nur, sie behalte es ohnehin nicht für sich, sie wolle es ja nur für das gemeinsame Wohnen.

Da fällt einem spontan Frauenministerin Juliane Bogner-Strauß ein, die in dieser Funktion aber bis dato nicht weiter aufgefallen ist – außer mit der Aussage, dass sie das aktuelle Frauenvolksbegehren nicht unterzeichnet hat. Dabei gäbe es für sie einiges zu tun. Wenn sie nicht so recht wissen sollte, was eigentlich: Sie könnte damit anfangen, Radio zu hören – dann erfährt sie zumindest, wo sie dringend Aufklärung leisten sollte. Zur Ehrenrettung der "Ö3-Gemeinde" sei erwähnt: Die Hörerinnen und Hörer waren laut nicht repräsentativer Umfrage der Meinung, der besser verdienende Partner müsse mehr beitragen. Immerhin.

Bedarf gedeckt

Zuletzt ist Bogner-Strauß übrigens vor allem als Familienministerin aufgefallen – mit dem Plan, die Mittel für den Ausbau der Kindergärten zu kürzen. Weil: Der Bedarf für Drei- bis Sechsjährige sei gedeckt. Das ist eine kühne Interpretation – das fanden nicht zuletzt auch ihre Parteifreunde in den Bundesländern.

Obendrein hat man selten von einer Ministerin gehört, die Mittel zurückgibt, statt dass sie diese umschichtet – etwa zu den unter Dreijährigen. Denn dort ist der Bedarf für professionelle Betreuung keineswegs gedeckt.

Was kommt als Nächstes?

Und das ist, so nebenbei bemerkt, auch der Grund, warum viele Frauen so lange Teilzeit arbeiten – und aus dieser finanziellen und karrieretechnischen Falle dann auch nur schwer wieder herauskommen. Das lässt auch die Selbstherrlichkeit von "Familienernährern" ins Unermessliche wachsen, inklusive Verweigerung der Familienarbeit. was kommt als Nächstes? Bonuszahlungen für brave Vollzeit-Ehefrauen und Mütter? Offenbar. Den Anfang hat ja schon der Bürgermeister von Neumarkt am Wallersee gemacht. Dort zahlt man ab September Familien mit Kleinkindern zwei Jahre lang 50 Euro monatlich, wenn sie ihren Nachwuchs ausschließlich zu Hause betreuen.

Die Frauenministerin ist gefordert. Moderne bürgerliche Frauenpolitik kann ja wohl nicht so aussehen wie am Wallersee. Das ist wohl auch nicht im Sinne all jener modernen jungen Frauen, die Sebastian Kurz und sein türkises Team beim letzten Mal gewählt haben.

Der Partnerin des Steinzeitmenschen aus dem Radio kann frau jedenfalls nur raten: Lass’ ihn in der Höhle zurück und dreh dich nie wieder um. Deine Beeren kannst du auch allein sammeln – zum Beispiel in der Zeit, in der du sonst seine Hemden gebügelt hättest. (Petra Stuiber, 18.7.2018)