Schlecht ist, wenn man sich nur mehr über die Medien Nachrichten – seit kurzem eher Polit-Infotainment – zukommen lässt. Noch schlechter ist, es werden gleich stillschweigend verfassungsmäßig fragwürdige Gesetze erlassen. Über Nacht, ohne Begutachtung, ohne Dialog.

Die Notwendigkeit einer raschen Kassenreform haben wohl alle verstanden. Aber die Positionierung der Kassenreform als reine Strukturreform, bei der es nur um Effizienz und weniger Luxus "für die da oben" geht, ist gar zu plakativ inszeniert. Dieses überfallsartige Gesetz, das in der letzten Sitzung vor der Sommerpause ganz versteckt unter dem Punkt "Erwachsenenschutzgesetz" beschlossen wurde, hat sehr wohl unmittelbare Auswirkungen auf die Gesundheitsversorgung.

Bei einer (feindlichen?) Übernahme von Unternehmen "friert" man alle weitreichenden Entscheidungen ein, um den Unternehmenswert nicht zu verändern. Aber im Gesundheitswesen dürfen wir nicht einfach die Stopptaste drücken und glauben, das hätte keine Folgen. Beschwichtigungsversuche sowie Zurückrudern bei einzelnen Projekten unmittelbar im Anschluss zeugen von der Unüberlegtheit dieses Gesetzes. Man hätte das Kind nicht mit dem Bade ausschütten dürfen: Gerade in den nächsten zwölf Monaten stehen wichtige Projekte, aber vor allem wichtige Weichenstellungen zur Stärkung der Primärversorgung an. Damit betrifft dieses Gesetz nicht nur die Struktur der Kassen, sondern auch Ärzte und Patienten. Eine Gesundheitsreform wird als Kassenreform getarnt und ein Verhandlungs- und Projektstopp als Ausgabenbremse!

Mehr Menschen zu versorgen

Fakt ist, wir haben einen Kassenärztemangel, er wird sich angesichts der Ausgabenbremse verschlimmern. Wir haben übervolle Ambulanzen, nicht weil wir zu wenige Spitäler haben, sondern weil der niedergelassene Bereich sträflich vernachlässigt wurde. Wir haben keine Ausgabenexplosion, sondern wir haben immer mehr Menschen zu versorgen, und wir werden älter und kränker. Alle loben die österreichische Gesundheitsversorgung, aber sie hat ihren Preis! Noch immer geben unsere Nachbarn deutlich mehr vom BIP für die Gesundheitsversorgung aus als Österreich.

Patienten, die es sich leisten können, weichen zu Wahlärzten aus, aber eine Zweiklassenmedizin ist nur der Wirtschaft willkommen, nicht der Ärzteschaft und schon gar nicht den Patienten, die brav in die Sozialversicherung einzahlen und dann keine entsprechenden Leistungen erhalten. Kassenstellen in der Stadt und besonders auf dem Land sind schon lange nicht mehr attraktiv. Jetzt haben wir endlich Lösungsansätze, und dann die Stopptaste? Der falscheste Zeitpunkt!

Hätte die Regierung die Kassenreform über einen Stopp neuer Projekte, einen Stopp von Neubesetzungen oder Verlängerungen von Spitzenpositionen beschleunigen wollen, so hätten ein paar Telefonate und 21 Briefe gereicht. Das Gesetz "Ausgabenbremse" nenne ich "Tarnen und Täuschen". (Thomas Szekeres, 18.7.2018)