Martha Bißmann gilt nun als "wilde Abgeordnete".

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Wien – Der Nationalrat hat wieder eine "wilde Abgeordnete". Die Liste Pilz hat im Rahmen einer Klubklausur Martha Bißmann ausgeschlossen. Die Steirerin war innerhalb des Klubs schon länger in Ungnade gefallen, nachdem sie ihr Mandat nicht für Listengründer Peter Pilz hatte aufgeben wollen.

Sensible Infos weitergegeben

Den einstimmig gefassten Ausschluss begründen die Klubobmänner Bruno Rossmann und Wolfgang Zinggl mit einem weiteren Vertrauensbruch. Bißmann habe wiederholt sensible interne Informationen an Dritte weitergegeben.

Martha Bißmann (links) wollte ihr Mandat nicht für Listengründer Peter Pilz (Mitte) aufgeben.
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Erst vor einer Woche hatte sich die Liste Pilz von Sebastian Bohrn Mena getrennt, der nach erfolgloser Kandidatur im Parlamentsklub angestellt war. Dieser hatte scharfe Kritik an Pilz geübt.

Mit einem kurzen Facebook-Posting hat Bißmann auf ihren Rausschmiss aus dem Klub reagiert: "Ich hoffe, alle Beteiligten können sich heute Abend in den Spiegel schauen. Ich kann es", schreibt sie und ergänzt den Hashtag #FreieAbgeordnete.

Sie habe sich einen anderen menschlichen Umgang erwartet, sagte sie zur APA. In einer Stellungnahme legt sie dar, dass sie wegen des ständig drohenden Ausschlusses unter "psychischem Druck" stand und gestern, Mittwoch, per Email den Klub aufforderte, die ständigen Drohungen zu beenden.

"Systematisches Mobbing"

Bissmann spricht von "systematischem Mobbing" – sei doch entgegen öffentlicher Erklärungen, dass sie nicht ausgeschlossen werde, bei jeder weiteren Klubsitzung ihr Ausschluss als erster Tagesordnungspunkt vorgesehen gewesen. Sie sei unter dem ständigen Druck gestanden, "bei jedem falschen Sager, bei jeder Handlung, die den Interessen der Führung durch Mag. Rossmann, Dr. Zinggl und Dr. Peter Pilz nicht passen" sofort ausgeschlossen zu werden. "Das war mir zu viel", betonte die Steirerin – und trat der Darstellung entgegen, sie hätte darauf bestanden, im Klub zu bleiben.

Sie habe nur versucht, im Sinn der Sache weiterzuarbeiten. Aber das sei "von vornherein zum Scheitern verurteilt" gewesen. Denn nach den "Widrigkeiten und Repressalien", um sie zum Mandatsverzicht zu bewegen, würden im Klub weiter "leider Intrigen und Machtspiele dominieren", hielt Bißmann ihrer Ex-Partei vor. Jetzt werde sie sich als freie Abgeordnete für Klimaschutz und Ökologie einsetzen, in Zusammenarbeit mit Abgeordneten, die mit ihren Ideen solidarisch sind, und darauf freue sie sich.

Schlechte Chancen bei anderen Klubs

Bißmann dürfte kaum Chancen haben, in einer anderen Oppositionsfraktion unterzukommen. Der geschäftsführende SPÖ-Klubobmann Andreas Schieder wollte entsprechende Fragen am Donnerstag nicht kommentieren, die Neos schlossen eine Aufnahme Bißmanns aus: Es gebe einen Vorstandsbeschluss, der die Aufnahme von Abgeordneten anderer Fraktionen untersage. Den Neos war in der vergangenen Legislaturperiode der Mandatar Christoph Vavrik abhandengekommen, der in den ÖVP-Klub wechselte.

In Ungnade gefallen ist Martha Bißmann bei der Liste Pilz schon länger. Sie wollte ihr Mandat im Nationalrat nicht für Peter Pilz aufgeben.
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Schieder bedauert die sich seit Monaten hinziehende Personaldebatte in der Liste Pilz. Irritiert ist er auch vom zwischenmenschlichen Umgang, der im Pilz-Klub offenbar herrsche. Dass Bißmann ein Angebot der SPÖ erhält, gilt als unwahrscheinlich. Allenfalls könnte es Kooperationen geben, wenn die "wilde Abgeordnete" Unterschriften für Anträge oder Anfragen braucht. Schieder wollte diese Möglichkeiten am Donnerstag aber noch nicht kommentieren. (APA, 19.7.2018)