FPÖ-Generalsekretär Christian Hafenecker spricht von einer "Integrationsmaßnahme mit Weitblick", und tatsächlich kann man auf den ersten Blick der Ankündigung von Verkehrsminister Norbert Hofer, Fahrprüfungen in türkischer Sprache einzustellen, etwas abgewinnen. Vor allem für Männer mit Migrationshintergrund ist der Führerschein entscheidend für ihre berufliche und gesellschaftliche Stellung. Muss die Prüfung auf Deutsch abgelegt werden, könnte dies ein starker Anreiz sein, schlechte Sprachkenntnisse zu verbessern und so ein großes Hindernis für Integration zu überwinden. Die 1998 eingeführte Türkisch-Option für den Multiple-Choice-Test war vielleicht eher gut gemeint als gut.

Fehlendes Zuckerbrot

Doch die FPÖ wäre nicht die FPÖ, wenn sie nicht auch eine andere Botschaft aussenden würde: Die Kosten für dieses Entgegenkommen seien "nicht argumentierbar", erklärte Hofers Sprecherin die Maßnahme. Nix Integration, hier geht es wieder einmal darum, den Ausländern etwas wegzunehmen, was ihnen angeblich nicht zusteht. Dass es sich hier wahrscheinlich um Kleinstbeträge handelt, tut nichts zur Sache. Das passt ins Bild dieser Regierung, die beflissentlich und bewusst übersieht, dass eine zielgerichtete Integrationspolitik neben einer gelegentlichen Peitsche auch ein gewisses Maß an Zuckerbrot benötigt – also neben Einschränkungen und Verboten auch Förderungen und positive Anreize.

Wer die Mindestsicherung für Flüchtlinge kürzt, um Mitglieder von Großfamilien "aus der sozialen Hängematte zu holen", wie ÖVP-Klubchef August Wöginger sagt, muss auch dafür sorgen, dass es Ausbildung und Jobs gibt. Wer gutes Deutsch verlangt, muss Deutschklassen ausweiten und nicht einsparen. Wer sich – wie Kanzler Sebastian Kurz – einen Islam österreichischer Prägung wünscht, muss moderaten Muslimen Respekt entgegenbringen und sie nicht an den Rand der Gesellschaft drängen. Wenn Hofer die Sprachkenntnis junger Lenker verbessern will, dann sollte er mit dem Geld, das er sich durch das Ende der mehrsprachigen Tests erspart, Deutschkurse für jene Führerscheinanwärter fördern, die beim ersten Antreten gescheitert sind.

Migranten als Feindbilder

Dass die FPÖ dies und Ähnliches nicht tut, überrascht nicht. Für ihre Wähler sind Migranten Feindbilder, denen man nie etwas geben darf. Und über die nächste Bierzeltrede denken blaue Politiker selten hinaus.

Bei der ÖVP, deren Chef sich einst als Integrationspolitiker profilierte, ist das schon weniger verständlich. Mit Anti-Ausländer-Rhetorik lassen sich zwar kurzfristig Wahlen gewinnen, aber eine schlechte Integrationsarbeit fällt einer Regierung irgendwann auf den Kopf – wenn etwa die Kriminalität steigt oder es gar wie in anderen europäischen Staaten zu Ausschreitungen unter Jugendlichen kommt. Selbst wenn die Regierung noch so garstig ist, werden die meisten Migranten hierbleiben. Integration müsste für sie ein echtes und nicht nur ein vorgeschobenes Interesse sein.

Der Einzige, der gelegentlich Engagement zeigt, ist Bildungsminister Heinz Faßmann, selbst Migrationsexperte. Er stellt erfolgreiche Programme wie die Übergangshilfen für junge Flüchtlinge zumindest nicht ein. Kurz könnte dies verstärken, indem er etwa die Integrationssektion, die derzeit unter Außenministerin Karin Kneissl verkümmert, an Faßmann überträgt. Eine Integrationspolitik, die aus dem Lot gerät, ist eine Zeitbombe. (Eric Frey, 22.7.2018)