Wien – Etwa 68 Prozent des heutigen Universums – in seiner Gesamtheit als Materie und Energie – entfallen gemäß dem Standardmodell der Kosmologie auf die Dunkle Energie. Sie ist der Faktor, der die beschleunigte Expansion des Universums erklären soll. Knapp 27 Prozent soll laut diesem System die Dunkle Materie ausmachen, der kleine verbleibende Rest umfasst alles, was sicht- und erklärbar ist. Die beiden "dunklen" Faktoren sind nach wie vor große Unbekannte.

Wie bei der Dunklen Materie gibt es auch zur Dunklen Energie verschiedene Erklärungsversuche. Einen davon hat nun eine internationale Kooperation unter der Leitung der Technischen Universität (TU) Wien durch Experimente zu weiten Teilen widerlegt: die sogenannten Symmetron-Felder. Ein Paper dazu ist im Fachjournal "Nature Physics" erschienen.

Eigentlich elegant, aber ...

Die hypothetischen Symmetron-Felder sollen ähnlich wie das Higgs-Feld den gesamten Raum durchdringen. "Eigentlich wären Symmetronen eine sehr schöne, elegante Erklärung für die Dunkle Energie", sagt Hartmut Abele, wissenschaftlicher Leiter des Forschungsprojekts. "Das Higgs-Feld wurde ja bereits nachgewiesen, und das Symmetronen-Feld ist eng mit dem Higgs-Feld verwandt. Deshalb hat der Nachweis des Higgs-Teilchens im Large Hadron Collider der Theorie in den letzten Jahren noch zusätzlichen Auftrieb verschafft."

An der TU Wien hat man zur Überprüfung der Theorie Experimente entwickelt, bei denen mit Hilfe von Neutronen verschwindend kleine Kräfte gemessen werden können. Extrem langsame Neutronen werden zwischen zwei Spiegelplatten hindurchgeschossen, sie können sich dabei in zwei verschiedenen quantenphysikalischen Zuständen befinden. Die Energien dieser Zustände hängen davon ab, welche Kräfte auf das Neutron wirken – so wird das Neutron zum äußerst sensiblen Kraft-Detektor. Würde man feststellen, dass ganz knapp über dem Spiegel eine andere Kraft auf das Neutron wirkt als ein Stück darüber, dann wäre das ein starker Hinweis auf die Existenz des Symmetronen-Felds.

Die Messungen fanden an der ultrakalten Neutronenquelle PF2 des Instituts Laue-Langevin in Grenoble im Rahmen einer 100-tägigen Messkampagne statt. Sie hätten einen Hinweis auf die geheimnisvollen Symmetronen liefern können – doch die Teilchen blieben unentdeckt.

Unwahrscheinlich geworden

Das endgültige Aus für die Symmetronen-Theorie ist das noch nicht. "Niemand kann sagen, welche Masse die Symmetronen hätten und wie stark sie mit gewöhnlicher Materie wechselwirken würden", sagt Abele. "Deshalb ist es auch schwierig, sie im Experiment nachzuweisen – oder definitiv zu beweisen, dass es sie nicht gibt." Man könne die Existenz von Symmetronen immer nur in einem bestimmten Parameterbereich bestätigen oder ausschließen.

Der Parameterbereich, in dem die Existenz von Symmetronen durch die Experimente ausgeschlossen werden konnte, ist allerdings groß. Und um auch noch die letzten verbleibenden Schlupflöcher zu schließen, wollen Abele und sein Team ihr Experiment in Zukunft noch weiter verfeinern. Schon jetzt wagen sie allerdings die Prognose, dass die Dunkle Energie wohl auf andere Weise erklärt werden müsse. (red, APA, 23.7.2018)