Aus "Prozessieren und Kassieren" wird wohl nichts für Katholiken am Karfreitag. Statt allen Angestellten ein Feiertagsentgeld zu erkämpfen, könnte eine Klage vor dem EuGH den Protestanten in Österreich ihre Zulage nehmen.

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Luxemburg/Wien – Angehörige der evangelischen Kirche und Altkatholiken könnten künftig um Lohn umfallen, wenn sie am Karfreitag arbeiten. Die Feiertagsarbeit wird ihnen derzeit gesondert vergütet, wenn gearbeitet wird. Gegen diese Regelung hatte ein Arbeitnehmer ohne religiöses Bekenntnis geklagt, weil er sich schlechter gestellt sah. Ihm sprach das Oberlandesgericht Wien ein Entgelt von 109,09 Euro für den Karfreitagsdienst zu. Allerdings berief der Arbeitgeber, der Oberste Gerichtshof legte die Frage dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) vor.

Dort hat der Generalanwalt mit seiner Stellungnahme einen Pflock eingeschlagen. Der Gutachter bejaht in seiner Vorlage das Vorliegen einer Diskriminierung, kommt aber zu einer überraschenden Schlussfolgerung: Niemand soll eine Zulage für den Dienst am Karfreitag erhalten.

"Karfreitag ist identitätsstiftend"

Das sorgte prompt für Protest: "Der Karfreitag ist für die Evangelischen in Österreich – vor allem im Zusammenhang mit ihrer Geschichte – nicht nur der höchste kirchliche Feiertag, sondern identitätsstiftend", teilte der Präsident der Generalsynode der evangelischen Kirche A.u.H.B., Peter Krömer, mit. Mit der österreichischen Regelung werde das Recht auf Religionsausübung sichergestellt. Auch Bischof Michael Bünker kritisierte den Generalanwalt.

Und warum hat der nicht empfohlen, einfach allen Personen den Karfreitagsdienst gesondert zu entlohnen? Es handle sich dabei um einen Rechtsstreit unter Privaten, und in einem solchen sei eine Anpassung nach oben laut EuGH keine generelle Lösung, meint der Generalanwalt. Zudem argumentiert er, dass letztlich "der Mitgliedsstaat die Rechnung für die gesetzliche Diskriminierung bezahlen" müsse. Damit legt er nahe, dass der Kläger Staatshaftungsansprüche geltend machen könnte, weil er benachteiligt wurde. Eindeutiger kommt der Generalanwalt zum Schluss, dass die derzeitige Regelung eine Diskriminierung darstellt. Es gebe keinen ersichtlichen Bezug zwischen dem Schutz der Religionsfreiheit und dem Anspruch auf ein Feiertagsentgelt, wenn man am Karfreitag arbeite, heißt es in dem Gutachten.

Auswirkungen auf Kollektivverträge

Die Maßnahme sei somit ungeeignet, das Ziel des Schutzes der Religionsfreiheit zu erreichen. Der Generalanwalt dazu recht süffisant: "Es ist ... schwer nachvollziehbar, wie der Erhalt eines doppelten Arbeitsentgelts dafür, dass am Karfreitag die Religion nicht ausgeübt wird, geeignet sein soll, das Ziel des Schutzes der ... Religionsfreiheit und Religionsausübung zu erreichen."

Arbeitsrechtsexpertin Kristina Silberbauer verweist nun auf die spannende Frage, wie sich eine Entscheidung des EuGH – sollte er dem Generalanwalt folgen – auf die Kollektivverträge auswirken würde. Hier wurden die gesetzlichen Regelungen vielfach übernommen. (as, 25.7.2018)