Wien – In Österreich soll noch heuer ein Gesetz kommen, das Geschäftsgeheimnisse besser schützt. Ein besonderer Passus dabei wird, wie Firmeninterna und Betriebsgeheimnisse in Gerichtsverfahren gewahrt werden. Denn nach bisheriger Rechtsklage scheuten Firmen bei Geheimnisverletzungen oft den Rechtsweg, weil der Prozessgegner damit praktisch das gesamte Geschäftsgeheimnis erfuhr.

Bis morgen, Freitag, läuft noch die Begutachtungsfrist für einen Ministerialentwurf. Damit wird das Bundesgesetz (UWG-Novelle 2018) geändert, aber auch die Zivilprozessordnung.

Österreich setzt damit eine EU-Richtlinie in innerstaatliches Recht um. Die Richtlinie zum Schutz vertraulichen Know Hows und vertraulicher Geschäftsinformationen zielt laut Regierungsangaben auf verstärkte Abschreckung und Bekämpfung von Industriespionage und Geheimnisverrat ab.

Beweisprobleme

In Umfragen gaben 30 Prozent der österreichischen Unternehmer an, dass bei ihnen mehr als die Hälfte der Informationen in der Firma Geschäftsgeheimnis sind. Fünf Prozent wurden in den vergangenen fünf Jahren Opfer von Wirtschaftsspionage. Wem das passiert ist, hat bisher nur in geringem Maß Behörden eingeschaltet. Ein Grund waren Beweisprobleme.

Für den Gang vor die Richter sind im Ministerialentwurf nun "prozessuale Vorkehrungen" und dafür zwei Optionen zur Begutachtung vorgeschlagen. Option 1 sieht vor, einen eigenen Sachverständigen zu bestellen, der in die Unterlagen des Geschäftsgeheimnisinhabers Einschau hat und sie zusammenfasst. Diese Zusammenfassung sollte so sein, dass sie als Entscheidungsgrundlage für das Gericht reicht und Aktenbestandteil wird. Option 2 sieht vor, dass auf Antrag einer der Parteien ihr (angebliches) Geschäftsgeheimnis vom Gericht als vertraulich einzustufen ist.

Schutzverband für erste Option

Der Schutzverband gegen unlauteren Wettbewerb plädiert ganz eindeutig für die erste Option. Die zweite Option mit einer bloßen "Belehrung" wäre "in keinster Weise geeignet, offen gelegte Geschäftsgeheimnisse in einem Verfahren ausreichend zu schützen", heißt es. So stelle es einen "unwiederbringlichen Schaden dar, wenn der Prozessgegner ein besonders wertvolles Geschäftsgeheimnis erfährt (z.B. die Formel für ein sehr bekanntes Getränk), was bei einem Missbrauch der Information nie wieder durch allfällige Unterlassungs- oder Schadenersatzansprüche gut gemacht werden könnte."

Dabei sei zu berücksichtigen, dass beide Seiten gleichermaßen den Schutz brauchten. "So muss ein Unternehmen bei einer Verletzung klagen können, ohne dazu genötigt zu sein, seine Geschäftsgeheimnisse dem Verletzer offen zu legen. Und es muss ein Beklagter sich gegen eine Klage wehren können, die nur darauf abzielt, mehr über seine Geschäftsgeheimnisse zu erfahren." Gerade im internationalen Umfeld sei zu berücksichtigen, dass ausländische Unternehmen außerhalb der EU diese Regelung sonst benützen könnten, durch eine bloß behauptete Verletzung mit Hilfe einer Klage mehr über die Geschäftsgeheimnisse österreichischer Unternehmen zu erfahren, warnte der Schutzverband.

WKO für erste Variante

Auch die Wirtschaftskammer optiert für die erste Variante im Gesetzesvorschlag. Andernfalls blieben (in der Option 2) mangels der Möglichkeit, die Gegenseite komplett von Teilen des Verfahrens auszuschließen, weiterhin erhebliche wirtschaftliche Risiken für den Geheimnisinhaber bestehen, so die Kammer. Dann sei zu befürchten, dass Unternehmen es sich weiterhin wohl überlegen würden, ob sie ihr Know How in einen Prozess einführen und offenlegen oder lieber dich für sich behalten wollten, also die bittere Pille schlucken und auf ein Verfahren verzichten.

Die EU-Richtlinie zum besseren Schutz von Geschäftsgeheimnissen gibt insgesamt vor, den Begriff selbst und angemessene Geheimhaltungsmaßnahmen umfassender zu definieren, ebenso wie Vertraulichkeitsvereinbarungen und Schadenersatzansprüche. Französische Medienverbände haben zur Beschlussfassung eines vergleichbaren Gesetzes in Frankreich kürzlich beklagt, dass damit Whistleblower-Enthüllungen nicht möglich wären. (APA, 26.7.2018)