Die Aufforderung, nicht einzusteigen, gilt bei der Endstation der Linie U4 in Wien-Hütteldorf auch für den Fahrer. Die Garnitur wendet automatisch. Angst, vergessen zu werden, muss aber niemand haben.

Foto: Kroisleitner

Wien-Hütteldorf: "Endstation, bitte alle aussteigen!", erklingt über die Lautsprecher der U-Bahn-Linie U4. Die Durchsage erinnert daran, dass es jetzt Zeit ist, zu gehen. Auf den Anzeigen am Bahnsteig blinkt in gelben Buchstaben: "Nächster Zug Gleis 1".

Für viele Wiener Schulkinder ist es ein Mysterium, was dann passiert – steht man kopf, wie es bei der Paternosterumrundung angeblich geschieht? Oder wird man gar die Nacht über eingezogen? Die meisten, die bei der Endstation den Wagon nicht verlassen haben, können wenig darüber berichten, haben sie es doch meist schlafend erlebt. Einzelne wiederum berichten vom "Sport, beim Karlsplatz sitzen zu bleiben".

Moderne Leittechnik

Die U-Bahn fährt in Wien – mit Ausnahme der U6 im halbautomatischen Betrieb. "Das Netz ist sehr jung, man entschied sich für eine moderne Leittechnik", sagt Johanna Griesmayr, Pressesprecherin der Wiener Linien. Heißt: Die Strecken haben eine bestimmte Geschwindigkeitsbeschränkung, die die U-Bahn von allein einhält. Der Fahrer hat lediglich die Aufgabe, die Bahnsteige im Blick zu behalten, die Türen zu öffnen und zu schließen und den Befehl für die Abfahrt zu erteilen.

Außerhalb der Stoßzeiten werden die U-Bahnen weiterhin händisch betrieben – damit die Fahrer das Fahren nicht verlernen. Ansonsten üben die Fahrer in Oberlaa im Simulator. "Wie ein Computerspiel", sagt Griesmayr. Mit dem Vorteil: "Man kann sich auf Situationen vorbereiten, die man vielleicht ein oder zwei Mal in seiner gesamten Karriere erleben wird."

Am Bahnhof aufwachen – ausgeschlossen

Automatisch geschieht auf der Linie U4 auch das Wenden. In Hütteldorf prüft der Fahrer erst, ob die Passagiere den Zug verlassen haben, steigt selbst aus und verschließt die Fahrertüre. Am vorderen Teil des Bahnsteigs ist ein kleiner gelber Kasten an der Wand angebracht. "Wendefahrt" ist auf der Anzeige zu lesen. Schlüssel rein, umdrehen und der Zug fährt ohne Lenker weiter. Eine Zuglänge und ein paar zerquetschte Meter dauert die anschließende Reise, weniger als eine Minute später kommt der Zug von selbst neben einem kleinen Steg zum Stillstand. Dann heißt es vorerst Warten.

Die Leitstelle des Öffibetriebs stellt in der Zeit die Weichen um, der in der Station zurückgebliebene Fahrer wartet indes darauf, dass die Gleise leer sind, und holt die Bahn – so wie er sie weggeschickt hat – wieder zurück. Nach knapp drei Minuten fährt der Zug verkehrt in die Station ein – allerdings nur mit der Spitze. Erst wenn der Fahrer wieder in seiner Kabine sitzt, geht es weiter. In allen nichtautomatischen Endstationen fährt der Fahrer mit und muss in der Wendeanlage den Zug bis zur anderen Seite durchqueren.

Übrigens: "Wird ein Zug eingezogen, geht der Fahrer vorher alle Wagons ab. Es kann also nicht passieren, dass man am Bahnhof aufwacht", sagt Griesmayr. In den drei großen Bahnhöfen – Heiligenstadt, Erdberg und Leopoldau – geht die U-Bahn dann selbst aber nicht schlafen, sondern wird geputzt. (Oona Kroisleitner, 27.7.2018)