Wien – Nach der Sommerpause soll wieder Bewegung in die Diskussion um ein neues Wahlrecht kommen. Für Mitte September hat Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) Wahlbeobachter der OSZE, der NGO wahlbeobachtung.org sowie alle Parlamentsparteien eingeladen, um über mögliche Änderungen zu beraten.
Nach der Aufhebung der Bundespräsidentenwahl im Juli 2016 durch den Verfassungsgerichtshof wurden bereits erste, kleinere Änderungen vorgenommen, eine weitergehende Reform fiel dann aber der vorgezogenen Nationalratswahl 2017 zum Opfer.
Auszählung am Sonntag
Unmittelbar vor der Präsidentschaftsstichwahl wurde bereits beschlossen, dass wieder Wahlkuverts ohne Laschen zum Einsatz kommen und nicht mehr jenes Modell, dass wegen Kleberproblemen die Verschiebung der Stichwahl nötig gemacht hatte. Um Mehrfachstimmabgaben möglichst auszuschließen, wurde ein zentrales Wählerregister eingeführt.
Ein anderer Punkt, der bei der Präsidentschaftswahl für Chaos sorgte, ist noch nicht behoben: Die Auszählung der Briefwahlstimmen darf nach aktuellem Recht erst ab 9.00 Uhr am Montag, und nicht bereits am Wahlsonntag erfolgen. Ziel sei es aber, dass die Auszählung dieser Stimmen künftig bereits am Sonntag erfolgt, sagt FPÖ-Verfassungssprecher Harald Stefan, der das Wahlrechtskapitel im Regierungsprogramm mitverhandelt hat.
Briefwahl erleichtern
Im türkis-blauen Koalitionspakt steht auch, dass bei der Briefwahl Beantragung, Ausstellung und Stimmabgabe erleichtert werden und "grundsätzlich in einem einzigen Schritt erfolgen" sollen. In den letzten drei Wochen vor der Wahl soll es auch an zumindest einem Abend pro Woche möglich sein, die Briefwahl persönlich zu beantragen und die Stimme gleich bei der Gemeinde abzugeben.
Dieser erweiterte Zugang in Kombination mit dem elektronischen Identitätsnachweis solle dafür sorgen, dass die Zahl jener Briefwahlstimmen, die tatsächlich per Post verschickt werden, zurückgehen, sagt Stefan. Die FPÖ hatte ja in der Vergangenheit immer wieder Kritik am Briefwahlsystem geübt und auf die Gefahr von Manipulationen hingewiesen. Stefan dazu: "Je weniger echte Briefwahlstimmen im Umlauf sind, bei denen die Möglichkeit der Beeinflussung besteht, desto eher sind die Grundsätze des Wahlrechts gewahrt."
Opposition wartet
Üblich ist es, Wahlrechtsänderungen auf breiter Basis zu beschließen. Noch gab es aber zu den Oppositionsparteien keinen Kontakt, wie SPÖ-Verfassungssprecher Peter Wittmann und sein Neos-Pendant Nikolaus Scherak kritisieren.
Weitreichende Eingriffe in die Kompetenzen des Bundespräsidenten sind laut Stefan von Türkis-Blau nicht geplant. Zur Erinnerung: SPÖ und ÖVP hatten sich im Vorjahr noch darauf verständigt, die Zuständigkeiten des Staatsoberhauptes zu "entrümpeln". Die Auflösung des Nationalrats, die Begnadigung von Straftätern, die Ehelicherklärung von Kindern, die Ernennung von Beamten – all das sah Rot-Schwarz als überholt an.
Die FPÖ sehe das anders, sagt Harald Stefan. Man habe sich die Frage gestellt: Wer soll diese Aufgaben sonst übernehmen? Und da man keine befriedigende Antwort darauf gefunden habe, sei man für die Beibehaltung der Kompetenzen des Bundespräsidenten. (Günther Oswald, 27.7.2018)