Bild nicht mehr verfügbar.

Italiens Präsident Sergio Mattarella: Südtiroler Doppelpass eine "unbedachte Initiative".

Foto: REUTERS/Alessandro Bianchi

Die Nachricht, dass die österreichische Regierung nach wie vor über eine doppelte Staatsbürgerschaft für Südtirolerinnen und Südtiroler deutscher und ladinischer Sprache nachdenkt, hat auch den italienischen Staatspräsidenten Sergio Mattarella erreicht. Sie gefällt ihm kein bisschen – und er nennt sie auch ziemlich unverblümt eine "ohne Bedacht" gefasste Initiative.

Was so unbedacht daran sei? Der Staatspräsident wies in einer Ansprache am Donnerstag in Rom auf die enorme symbolische Bedeutung des Grenzübergangs am Brenner hin. Aus diesem früheren Element der Trennung sei ein Bindeglied des gemeinsamen Lebens in Europa geworden. Nun würden "unbedachte Initiativen" – paradoxerweise genau ein Jahrhundert nach dem Ende des Ersten Weltkriegs – dieses europäische Gemeinschaftsleben infrage stellen.

Emotionsgeladener Brenner

Expliziter brauchte der italienische Staatspräsident nicht sein: Er fürchtet, dass die Doppelpass-Initiative nicht – wie man in österreichischen Regierungskreisen als Argument immer wieder hört – zu einem weiteren Zusammenwachsen Österreichs und Italiens führen wird, sondern im Gegenteil zu einer neuerlichen Abgrenzung. Fatalerweise unter dem Symbol des Brenners, schon bisher ein emotionsgeladenes Kapitel in der Tiroler Geschichte dies- und jenseits der Staatsgrenze.

Nicht die Ziehung von Grenzen, sondern deren Überwindung sei "die große Errungenschaft der Geschichte und der Menschheit", sagte Mattarella in diesem Zusammenhang und wies auf das heute freundschaftliche Verhältnis zwischen den ehemaligen Waffengegnern Deutschland und Frankreich sowie Irland und Nordirland hin. (gian, 27.7.2018)