Wien/Ephesos – Nach Vorbereitungsarbeiten sind die traditionsreichen österreichischen Grabungen in der antiken Stadt Ephesos am Montag voll angelaufen. Die Ratifizierung der Genehmigung durch das zuständige Ministerium hat sich aufgrund der Regierungsbildung in der Türkei etwas verzögert. Seit vergangener Woche liege diese aber vor, wie Grabungsleiterin Sabine Ladstätter mitteilte.

Die Geschichte der Grabungen österreichischer Archäologen in Ephesos reicht bis ins Jahr 1895 zurück. Im September 2016 hatte man die Arbeit allerdings abrupt einstellen müssen. Der Stopp wurde auf Anordnung des türkischen Außenministeriums in Reaktion auf die Forderung Österreichs verhängt, die EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei abzubrechen.

Arbeiten bis November

Ende Jänner 2018 verlautete der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu zusammen mit Außenministerin Karin Kneissl (FPÖ), dass die vom Österreichischen Archäologischen Institut (ÖAI) der Akademie der Wissenschaften (ÖAW) geleiteten Grabungen heuer wieder aufgenommen werden können. Im Mai begann ein Team um Ladstätter mit den Vorbereitungen. Nach der zweijährigen Pause sei hier auch einiges zu tun gewesen. "Das war wirklich ein 'Heimkommen'", wie die Forscherin sagte. Nach der auch vor Ort als "auf einer menschlichen Ebene als ungerecht" empfundenen Pause sei man mit offenen Armen empfangen worden.

Im Zuge des Wahlkampfes und der folgenden Regierungsbildung ließ die Unterschrift seitens des türkischen Kultur- und Tourismusministeriums auf der finalen Genehmigung noch etwas auf sich warten. Diese wurde am vergangenen Mittwoch aber ohne Einschränkungen erteilt. "Wir können nun also mit der Feldarbeit beginnen", sagte die ÖAI-Direktorin. In den Startlöchern stehen nun rund 50 Kollegen vom ÖAI und andere ÖAW-Archäologen sowie Forscher aus Deutschland, den Niederlanden und der Türkei. "Alles in allem werden wir über den Sommer hinweg um die 200 Leute hier haben", so die Grabungsleiterin. Indem die Kampagne bis Ende November verlängert wird, werde die entstandene Verzögerung ausgeglichen.

Zuerst werden sich nun die österreichischen und türkischen Archäologen den Konservierungsarbeiten im Hanghaus 2 widmen. Man müsse sich vor allem ansehen, in welchem Zustand die aus dem dritten Jahrhundert stammenden Mosaike und Wandmalereien sind. Dann folgen "Reinigungs- und Festigungsmaßnahmen", sagte Ladstätter.

Digitalisierte Stadt

Außerdem werde man die Ausgrabungen im Bereich der Oberen Agora weiterführen. In dem Areal entdeckten die Wissenschafter beispielsweise bereits 2015 eine Schankstube aus dem frühen 7. Jahrhundert, die zahlreiche Einblicke in das damalige Alltagsleben eröffnete. Ladstätter: "De facto setzen wir dort an, wo wir 2016 aufgehört haben."

In weiterer Folge lege man das Hauptaugenmerk auf das byzantinische Stadtquartier. Die Wissenschafter hoffen, in drei Brunnen in dem Gebiet auch organisches Material zu finden, das sich gerade in dieser Region sehr schlecht erhält. Damit es konserviert wird, braucht es entweder Trockenheit oder durchgehend feuchte Bedingungen. In der Feuchtigkeit der Brunnen könnten sich demnach noch Reste von Hausrat und Holz oder Essensrückstände finden.

In Zukunft möchte man "Ephesos flächig, modern und digital", etwa mittels 3D-Scans oder Luftaufnahmen mit Drohnen, dokumentieren, so Ladstätter. Auf Basis dessen könnte man dann virtuelle Rekonstruktionen des gesamten Stadtgebietes über die verschiedenen Epochen hinweg anfertigen. (APA, red, 30.7.2018)