Österreichweit dürften heuer im Herbst rund 1.000 separate Deutschförderklassen eingerichtet werden.

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Das Ressort von Heinz Faßmann sammelt nun bis 24. August Expertenstellungnahmen zum neuen Lehrplan.

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Wien – Bei ihren Plänen für separate Deutschförderklassen für Kinder mit Sprachdefiziten war die türkis-blaue Regierung mehrfach zurückgerudert. Statt allen Kindern mit Deutschproblemen sollen nun nurmehr Neueinsteiger ins Schulsystem in diese Klassen kommen.

Für Schulen mit Platzproblemen wurde zudem, wie berichtet, eine Sonderregelung geschaffen. Hier dürfen Deutschklassen vorübergehend auch gemeinsam mit der Regelklasse geführt werden. Die Zahl der betroffenen Klassen ist so sukzessive geschrumpft. Ging man ursprünglich noch von rund 1.900 Deutschklassen aus, lagen die Schätzungen zuletzt nurmehr bei etwa 1.000.

Start im September

Beginnen werden die ersten Deutschklassen bereits im Herbst 2018. Das erste Jahr wird aber noch von ziemlich viel Improvisation gekennzeichnet sein. Erst am Freitag vergangener Woche wurde ein erster Entwurf für einen neuen Deutschklassenlehrplan zur Begutachtung ausgeschickt. Bis zum 24. August können sich nun Interessierte zu Wort melden, wobei aber offenbar zahlreiche Stellen, die sich in der Vergangenheit kritisch zu separaten Klassen geäußert hatten, erst gar nicht um eine Einschätzung gebeten wurden, wie dem STANDARD berichtet wurde.

Mit der Verordnung sollen jedenfalls die didaktischen Grundsätze präzisiert werden, an denen sich die Lehrer und Lehrerinnen in der Unterrichtsgestaltung orientieren sollen. So wird etwa auf die Notwendigkeit verwiesen, den Sprachunterricht mit anderen Fächern zu verknüpfen. Bildungssprache und Fachwortschatz sollen in den separaten Deutschklassen also "anhand bestimmter Gegenstände – etwa Mathematik oder Sachunterricht" – geübt werden.

Vorerst bleibt alter Lehrplan

In Kraft treten soll der neue Lehrplan zwar bereits mit 1. September, verbindlich umgesetzt werden muss er aber erst mit dem Schuljahr 2019/2020. Vorerst kann also anhand des bisherigen Lehrplans zur Deutschförderung unterrichtet werden. Worin der Unterschied liegt? Bisher waren maximal elf Wochenstunden Sprachförderkurs vorgesehen. Künftig werden es 15 Wochenstunden für die Grundschule beziehungsweise 20 für die Sekundarstufe I sein.

Heuer haben die Schulleiter auch noch Spielraum bei der Entscheidung, ob ein Kind in diese separaten Klassen kommt. Auch das hat mit der Kurzfristigkeit des Vorhabens zu tun. Die geplanten einheitlichen Testverfahren gibt es nämlich bis jetzt noch nicht. Die Schulleiter müssen daher, so wie bisher, nach eigenem Ermessen entscheiden, ob ein Kind als außerordentlicher oder ordentlicher Schüler geführt wird.

Kriterien für Schulreife

Ab dem Schuljahr 2019/2020 soll sich das ändern. Auch dafür hat das Bildungsministerium nun einen Entwurf vorgelegt. Damit sollen die Kriterien für die Schulreife-Entscheidung vereinheitlicht werden. Kognitiv wird ein Kind demnach als schulreif bewertet, wenn es beispielsweise Reime erkennen kann ("phonologische Bewusstheit"), "rasch und sicher vertraute Objekte benennen kann", ein zahlenmäßiges Vorwissen hat und ein "altersgemäßes Aufmerksamkeits- und Konzentrationsverhalten zeigt".

Bei der sprachlichen Kompetenz wird unter anderem auf "altersgemäße sprachliche Ausdrucksfähigkeit" abgestellt, bei der körperlichen Reife auf "grob- und feinmotorige Geschicklichkeit" und bei der sozial-emotionalen Reife auf die Fähigkeit, sich in Gruppen einzuordnen.

Ist das Kind grundsätzlich körperlich und geistig in der Lage, dem Unterricht zu folgen, beherrscht aber die Unterrichtssprache noch nicht, so wird es dann anhand dieses Tests einer Deutschförderklasse zugewiesen.

Das Bildungsministerium erhofft sich durch die neue Verordnung zur Schulreife aber auch generell mehr Einheitlichkeit. Derzeit gibt es nämlich, wie berichtet, enorme Unterschiede zwischen den Bundesländern. In der Steiermark werden nur vier Prozent der Kinder wegen mangelnder Schulreife einer Vorschulklasse zugewiesen, in Vorarlberg sind es dagegen 20 und in Salzburg gar 24 Prozent. Minister Faßmann: "Wir schaffen zur Unterstützung für Schulleiter und Eltern Parameter, um objektiver und einheitlicher festzustellen: Wo steht das Kind? Es geht darum, dass Eltern und Lehrer vom selben reden, wenn sie Schulreife meinen." (Günther Oswald, 30.7.2018)