Am 3. Juni haben die Slowenen ihr Parlament gewählt.

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Ljubljana – In Slowenien rückt die Bildung einer Mitte-links-Regierung unter Führung des Anti-Establishment-Politikers Marjan Šarec näher. Bei einer Marathonsitzung der sechs möglichen Koalitionspartner "sind weniger Fragen offen geblieben, als wir erwartet haben", sagte Šarec in der Nacht auf Montag in Kamnik, wo er Bürgermeister ist. Mit Spannung wird die Entscheidung der Linkspartei erwartet, die am Montag über das Ergebnis berät.

Šarec hatte zunächst mit der christdemokratischen Partei "Neues Slowenien" (NSi) verhandelt, die aber den Eintritt in eine Koalition mit weiteren vier linken und liberalen Parteien ablehnte. NSi-Chef Matej Tonin verwies auf die Gefahr, dass seine Partei von den restlichen Koalitionspartnern mithilfe der Linken überstimmt werden könnte. Diese vertritt radikale Ansichten in der Sozial- und Wirtschaftspolitik und verlangt ein Referendum über den Nato-Austritt, weswegen sie nicht der bevorzugte Partner des Mittepolitikers Šarec war.

Stundenlange Verhandlung

Nach dem Ausscheiden der Christdemokraten mussten die Liste Marjan Šarec (LMS), die Sozialdemokraten (SD), die Partei des modernen Zentrums (SMC), die Partei von Alenka Bratusek (SAB) und die Pensionistenpartei (DeSUS) nun Gespräche mit der Linken aufnehmen. Am Sonntag wurde 14 Stunden lang verhandelt. "Es war anstrengend, das Abstimmen hat lange gedauert, wir haben den ganzen Koalitionsvertrag bis in die Details durchgeschaut", berichtete Šarec. Er habe den Eindruck, dass es die Linke ernst meine. Nun sei der Vorstand der Linken am Zug, "und dann werden wir uns noch in den Punkten abstimmen, wo wir heute nicht zusammengekommen sind".

Der Vorstand der Linken kam am späten Montagvormittag in Ljubljana zusammen. Parteichef Luka Mesec sagte auf die Frage nach seinen Gefühlen nach der Marathonsitzung vom Sonntag, sie seien "halb-halb". Dem Vernehmen nach soll es sich vor allem im Verteidigungsbereich spießen. Mesec hat zwar einen Verzicht auf die Forderung nach dem Nato-Referendum angedeutet, will aber eine Steigerung der Verteidigungsausgaben nicht akzeptieren. Diesbezüglich steht Slowenien aber in einer Verpflichtung gegenüber dem Bündnis, deren Mitglieder sich im Juli auf Drängen von US-Präsident Donald Trump auf eine Anhebung der Militärausgaben verpflichtet haben.

Minderheitsregierung möglich

Die Linke hat allerdings auch die Bereitschaft geäußert, nach portugiesischem Vorbild eine Minderheitsregierung zu dulden. Šarec zeigte sich bezüglich dieser Idee skeptisch und will stattdessen eine Mehrheitsregierung. Der bisherige Bürgermeister von Kamnik hat derzeit die Führungsrolle bei der Regierungsbildung inne, weil fast alle Parteien im Parlament ein Zusammengehen mit dem konservativen Wahlsieger Janez Janša ablehnen.

Janša wird neben Korruptionsaffären jüngst vor allem sein Liebäugeln mit dem ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán und mit dessen umstrittenen politischen Ansichten vorgehalten. In der Kampagne vor der Parlamentswahl am 3. Juni hatte Janša eine strikte Migrationspolitik nach ungarischem Vorbild versprochen und damit seine Wählerbasis motiviert, aber zugleich viele gemäßigte Wähler sowie die politischen Mitbewerber verschreckt. Den von Staatspräsident Borut Pahor angebotenen Regierungsbildungsauftrag lehnte Janša mangels Erfolgsaussichten ab.

Beobachtern zufolge setzt Janša darauf, bei vorgezogenen Neuwahlen seinen Vorsprung ausbauen zu können. Eine am Wochenende veröffentlichte Umfrage der Agentur Mediana zeigt keine wesentlichen Veränderungen. Darin kommt Janšas SDS doch auf 20 Prozent und ist damit weiterhin doppelt so stark wie die LMS (10,4 Prozent). Allerdings droht bei Neuwahlen zwei Bündnispartnern von Šarec, der SAB und DeSUS, das Scheitern an der Vierprozenthürde, während sich die Linke bereits auf den dritten Platz (7,4 Prozent) vorgearbeitet hat. In der nun zu bildenden Koalition wäre die Partei mit dem roten Stern als Logo nur die viertstärkste Regierungskraft hinter LMS, SD und SMC. (APA, 30.7.2018)