Linköping/Innsbruck – Angenehme und unangenehme Wahrnehmungen werden im Gehirn von derselben Hormon-Andockstelle verarbeitet – und das hat im Experiment entscheidende Konsequenzen für das Wohlbefinden, wie nun der österreichische Psychologe Michael Fritz am Beispiel von Mäusen herausfand. Wurde dieser Rezeptor nämlich blockiert, nahmen die Nager Fieber, Schmerz und Übelkeit nicht mehr als negativ wahr, für manche könnten sich diese Erfahrungen sogar gut angefühlt haben.

Die Ergebnisse bergen Chancen für neue therapeutische Pfade. So könnte man etwa diese Andockstellen mit bestimmten Wirkstoffen belegen und damit chronisch Kranke vom Unwohlsein befreien.

Fritz, der an der schwedischen Universität Linköping arbeitet, hat mit Kollegen bei Mäusen durch genetische Manipulation die Bildung des Melanocortin-4-Rezeptor (MC4R) unterbunden. Derart behandelte Tiere ließen im Gegensatz zu ihren nicht-veränderten Artgenossen nicht von einer Kammer abschrecken, in denen mit einigen unangenehmen Substanzen konfrontiert wurden: Bakterien, die Fieber verursachten, Übelkeit auslösende Lösung und Wirkstoffe, die ihren Stimmungshaushalt negativ beeinflussen. Das Experiment zeigte – im Gegenteil – sogar, dass die Mäuse ohne diese Hormon-Andockstelle öfter dort zu finden waren als in einer anderen Kammer, wo sie nichts zu befürchten hatten.

Positive Schmerzwahrnehmung

Dieselbem Resultate erhielten die Forscher auch nach nasaler Verabreichung eines Wirkstoffes, der MC4R blockiert. Solcherart behandelten Tieren war sogar Schmerz ziemlich egal. Die Forscher fanden heraus, dass Schmerzen, Übelkeit und Fieber bei diesen Tieren nicht wie bei normalen Mäusen zu einem ein Abfallen der Menge des "Glückshormons" Dopamin führen, sondern dieses in einer bestimmten Gehirnregion (Nucleus arcuatus) sogar mehr wurde. "Dadurch nehmen die Tiere Dinge wie Übelkeit, Infektionen oder inneren Stress als positiv wahr", erklärte Fritz.

"Das Gehirn hat also eine Nervenverbindung entwickelt, in der sowohl positive wie negative Wahrnehmung unter der Kontrolle eines einzelnen Rezeptortyps verarbeitet werden", so der gebürtige Tiroler. Möglicherweise sei dies in der Evolution wichtig gewesen, um bei Bedarf schnell die Wahrnehmung bestimmter Umweltreize zu ändern, schreiben die Wissenschafter im Fachjournal "The Journal of Clinical Investigation".

Neue Lösungen für chronisch Kranke

Die Entdeckung habe aber auch klinische Relevanz. Bei Patienten mit chronischen entzündlichen Erkrankungen sei der Leidensdruck durch Unwohlsein sehr groß, führe zu Motivationsverlust und erhöhe das Risiko, dass sich Depressionen als Begleiterscheinung dazugesellen. Möglicherweise könnte man dies in Zukunft einmal mit einem einfachen Nasenspray, der Melanocortin-4-Rezeptor-Blocker enthält, lindern. (red, APA, 31.7.2018)