Hans Neuenfels im ORF-"Kulturmontag", zum Nachsehen hier in der ORF-TVThek.

Foto: screenshot/tvthek.orf.at

Adieu, ihr wüsten Zeiten des Kunstskandals: Nicht einmal die besessene Salome lässt Entrüstung explodieren, wenn sie den nackten, kopflosen Körper des Jochanaan zärtlich liebkost (der ORF übertrug!). Euphorisch wird die Bilderkraft von Romeo Castelluccis Regie beklatscht. Der Kulturmontag, in die Mozartstadt gereist, frischt die Eindrücke kurz auf.

Mit dabei – als ORF-Kulturgast – ein vielgereister Regieherr, der in Salzburg einst schon ganz anderes Feedback erfahren hat. Hans Neuenfels brachte 2001 mit seiner Fledermaus die Walzergemüter zum Dampfen. Mittendrin kam es zur "Schlacht" zwischen Prinz Orlofsky und Publikum. Sänger David Moss begegnete der Buhwelle, die ihn erfasste, skandierend mit "Chacun à son goût!".

Herrlich. Momente dieser schönen Skandalgeschichte zu zeigen, hätte am Montag noch mehr Kurzweil beschert. En passant wäre zudem klar geworden, welch provokante Ironie der Salzburger Rückkehr von Neuenfels innewohnt, der Tschaikowskis Pique Dame inszeniert. Es erinnert zwar Moderator Martin Traxl daran, dass "manche damals Intendant Gerard Mortier im Zuchthaus sehen wollten".

Neuenfels gibt jedoch die weise Unschuld. "Das war damals eine für die Leute überraschende Situation. Wir hatten das gar nicht erwartet ..."

Schönes Understatement, das Neuenfels leider nicht vertieft. Er geht über zum pädagogischen Lob des Publikums. "Es hat in den letzten Jahren andere Sehweisen eingenommen. Ob es toleranter geworden ist, weiß ich nicht." Es sei "geübter im Blick geworden. Es gibt ja auch – nach Brecht – eine Zuschauerkunst." Traxl übersetzt: "Auch das Publikum muss üben". Aber bitte nicht zu viel. (Ljubiša Tošić, 31.7.2018)