Andrew Brunson (rechts) wurde kürzlich von der Haft in den türkischen Hausarrest verlegt.

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Washington/Ankara – Das Weiße Haus hat am Mittwochabend Sanktionen gegen die Türkei verhängt. Wie Sarah Huckabee Sanders, Sprecherin von Präsident Donald Trump, vor der Presse sagte, sollen davon Justizminister Abdülhamit Gül und Innenminister Süleyman Soylu in Ankara betroffen sein.

"Die ungerechte Inhaftierung und anhaltende Strafverfolgung durch die türkischen Behörden ist einfach inakzeptabel", erklärte US-Finanzminister Steven Mnuchin. US-Präsident Donald Trump habe der Türkei "hinreichend klargemacht", dass er Brunsons sofortige Freilassung erwarte. Im Rahmen der Sanktionen werden die Vermögen der beiden türkischen Minister in den USA eingefroren, und US-Bürgern wird jeglicher geschäftliche Umgang mit ihnen verboten.

Zur Begründung der Sanktionen erklärte das Finanzministerium, Gül und Soylu seien für Brunsons Festnahme sowie für "schwere Menschenrechtsverstöße" in der Türkei verantwortlich. Trumps Sprecherin Sanders sagte, Brunson sei "Opfer unfairer und ungerechtfertigter Strafverfolgung" seitens der Türkei. Trump habe wiederholt mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan über den Fall gesprochen.

Drastische Maßnahme zwischen Nato-Partnern

Kurz nach Verkündung der Sanktionen teilte die Sprecherin des US-Außenministers Mike Pompeo mit, dieser habe mit seinem türkischen Kollegen Mevlüt Çavuşoğlu telefoniert und werde ihn kommende Woche treffen. Die Verhängung von Sanktionen gegen Kabinettsmitglieder eines Nato-Partners ist ein drastischer Schritt und droht die ohnehin schwer belasteten Beziehungen der Verbündeten in eine Krise zu stürzen.

Hintergrund ist das türkische Verfahren gegen den US-Pastor Andrew Brunson. Diesem wirft Ankara Nähe zur in der Türkei verbotenen Kurdischen Arbeiterpartei PKK und zum Prediger Fethullah Gülen vor. Letzterem wirft die Regierung Erdoğans vor, hinter dem Putschversuch vom Sommer 2016 zu stehen. Pastor Brunson hatte zwei Jahre in Untersuchungshaft verbracht, war aber kürzlich in den Hausarrest verlegt worden. Im Fall einer Verurteilung droht ihm eine langjährige Haftstrafe.

Das türkische Außenministerium teilte später mit, Ankara verurteile das Verhalten der USA scharf, und rief die USA "zur Umkehr" auf. Außenminister Çavuşoğlu teilte auf Twitter mit, dass es "nicht ohne Vergeltung" bleibe, wenn Washington an der Entscheidung festhalten sollte.

Treffen der Außenminister

Pompeo und Çavuşoğlu wollen sich angesichts der Spannungen am Freitag und Samstag in Singapur am Rande des Asean-Regionalforums treffen. "Wir verfolgen immer noch eine diplomatische Herangehensweise", sagte die Sprecherin des US-Außenministeriums, Heather Nauert, am Mittwoch. "Pastor Brunson muss aus dem Hausarrest gelassen und zurück nach Hause gebracht werden."

Brunson lebt seit mehr als 20 Jahren in der Türkei. Er war Pastor an einer Kirche in der Küstenmetropole Izmir, als er im Oktober 2016 – wenige Monate nach dem Putschversuch in der Türkei – festgenommen wurde. Hintergrund schienen zunächst Visumprobleme zu sein, laut US-Angaben sollte Brunson ausgewiesen werden. Im Dezember verhängte ein Gericht dann aber wegen Terrorvorwürfen Untersuchungshaft gegen den 50-Jährigen.

Lira im Tief

Drohende Sanktionen der USA hatten die türkische Landeswährung Lira am Mittwoch bereits zuvor auf Rekordtiefstände gedrückt. Der US-Dollar stieg im Verhältnis zur Lira in der Spitze bis auf den historischen Höchststand von 4,9985 Lira. Der Eurokurs kletterte ebenfalls auf einen Rekordwert von 5,8323 Lira.

Die Sanktionen könnten die bereits angeschlagene türkische Wirtschaft hart treffen. Laut der Agentur Bloomberg sollen sich die geplanten Schritte an den Strafmaßnahmen orientieren, die gegen Russland eingeführt wurden. Stark gefallen sind auch die Kurse türkischer Staatsanleihen. (red, Reuters, APA, 1.8.2018)