Andreas Herzog wird Trainer der israelischen Nationalmannschaft.

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Vor neun Monaten geriet Andreas Herzog in Rage, da kam dem Wiener kurzfristig die gute Kinderstube abhanden. "Verarschen kann ich mich selbst", richtete der 49-Jährige dem Österreichischen Fußballbund aus.

Der harschen Wortwahl gingen leere Kilometer voraus. Eine Stunde hatte Herzog bei Präsident Leo Windtner für das Amt des Teamchefs vorgesprochen – und fand dort kein Gehör. Auf den Schweizer Marcel Koller folgte der Deutsche Franco Foda.

In Israel weiß man hingegen die Visionen des zweifachen Familienvaters zu schätzen. Am Mittwoch wurde Herzog vom Technischen Komitee des Verbands zum Nationaltrainer erkoren – einstimmig wohlgemerkt. Er soll die aktuelle Nummer 93 der Fifa-Weltrangliste zur Europameisterschaft 2020 führen.

Assistent von ÖFB-Teamchef Josef Hickersberger

Der Vertrauensvorschuss kommt von ungefähr. Als Cheftrainer bringt Herzog überschaubare Berufserfahrung mit, auf seiner Visitenkarte stehen lediglich Nachwuchsauswahlen aus Österreich und den USA. Als Co-Trainer hat die Fußballikone deutlich mehr Lernjahre vorzuweisen: Von 2006 bis 2008 war Herzog Assistent von ÖFB-Teamchef Josef Hickersberger, von 2011 bis 2016 gab er die rechte Hand von Jürgen Klinsmann im US-Verband. Dass er nun in Israel erstmals als Chef im Profibetrieb andockt, ist auch dem Draht zu Willi Ruttensteiner zu verdanken. Der einstige ÖFB-Sportdirektor fungiert seit einem Monat als Sportdirektor des israelischen Verbands.

Als Fußballer war Herzog freilich eine Koryphäe. 1992 wechselte er von Rapid Wien zu Werder Bremen und wurde sofort deutscher Meister. Von seinem einjährigen Engagement bei Bayern München blieb vor allem in Erinnerung, dass er während eines Spiels von Torhüter Oliver Kahn durchgerüttelt wurde. Auf Klubebene blieb sein Karriereabschluss bei Los Angeles Galaxy eine Randnotiz.

Denkwürdiges Spiel

In der Nationalmannschaft ist Herzog mit 103 Ländermatches Rekordspieler; 1990 und 1998 qualifizierte er sich mit Österreich für die Weltmeisterschaft. Ein denkwürdiges Spiel ereignete sich am 27. Oktober 2001. Damals erzielte Herzog in Tel Aviv in der 92. Minute das 1:1 für ein ersatzgeschwächtes ÖFB-Team gegen Israel – dadurch schaffte es Österreich und nicht Israel ins WM-Playoff. "Vielleicht gelingt uns zusammen, was ich ihnen damals verwehrt habe", sagt der einstige Mittelfeldmotor. Die Vorzeichen stehen ungünstig: Seit 1970 war Israel bei keiner Endrunde. Eine echte Herausforderung. (Philip Bauer, 2.8.2018)