Niki Lauda wurde eine neue Lunge am Wiener AKH transplantiert.

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Thoraxchirurg Walter Klepetko ist Österreichs Pionier in Sachen Lungentransplantation. Er hat ein Spendernetzwerk aufgebaut und viele neue Technologien eingeführt.

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STANDARD: Es kursieren derzeit viele Gerüchte über Laudas Gesundheitszustand. Lauda habe einen Sommervirus gehabt, die Transplantation sei eine Folge seines Unfalls vor 40 Jahren. Was davon stimmt?

Klepetko: Wir sind selbst überrascht, wie viel Blödsinn derzeit im Umlauf ist. Ob ein Zusammenhang mit dem Unfall besteht, lässt sich nicht sagen, ich halte es für wenig wahrscheinlich. Es sind alles reine Mutmaßungen.

STANDARD: Sie könnten diese Gerüchte entkräften.

Klepetko: Wir respektieren den Wunsch des Patienten und seiner Familie, es nicht zu kommunizieren. Doch alle, die mutmaßen, können sicher sein: Wir transplantieren eine Lunge nur dann, wenn ein Patient eine realistische Chance hat, weiterleben zu können. Und dieser Umstand war bei Niki Lauda sicherlich gegeben. Wir handeln nach genau definierten Kriterien.

STANDARD: Wenn man nachliest, sieht man, dass Vorerkrankungen der Niere ein Ausschlusskriterium sind. Niki Lauda hatte zwei transplantierte Nieren. Wie erklären Sie das?

Klepetko: Eine transplantierte Niere ist kein Ausschlusskriterium, es ist nur ein zusätzlicher Risikofaktor. Niki Laudas Nieren waren voll funktionstüchtig. Er war auch nicht chronisch lungenkrank, brauchte keinen zusätzlichen Sauerstoff.

STANDARD: Eine andere Mutmaßung ist, dass Niki Lauda ein privilegierter Patient war, der schneller als andere eine Lunge bekam.

Klepetko: Bei der Organtransplantation geht es nicht darum, wer länger wartet, sondern darum, wer sie dringender braucht. Die Dringlichkeit war für Niki Lauda in allen Punkten gegeben. Der Zustand seiner Lunge hatte sich so sehr verschlechtert, dass er mit einer Art Herzlungenmaschine, der sogenannten Extrakorporalen Membranoxygenierung (ECMO), sieben Tage lang am Leben erhalten werden musste. Dabei war er wach und ansprechbar.

STANDARD: Was genau ist ECMO?

Klepetko: Eine externe Pumpe, die die Sauerstoffversorgung gewährleistet. Es ist ein Verfahren, das wir als Überbrückung bis zu einer Lungentransplantation einsetzen.

STANDARD: Ist das ein Standardverfahren?

Klepetko: Etwa zehn Prozent unserer 120 Patienten pro Jahr wurden unter diesen Bedingungen behandelt. Sie haben die höchste Dringlichkeitsstufe. Im Durchschnitt dauert es drei Tage, bis wir für ECMO-Patienten eine Spenderlunge finden, bei Niki Lauda hat es vier gedauert. Wir haben eine große Erfahrung mit solchen Patienten und können mit diesen komplexen Situationen umgehen.

STANDARD: Also keine Sonderbehandlung eines prominenten Österreichers?

Klepetko: Nein, jeder Österreicher in Laudas Situation hätte so eine Behandlung bekommen. Der Aufbau unseres Netzwerkes ist ein wichtiger Teil unserer Arbeit. Wir haben Pionierarbeit geleistet, was die genauen Kriterien und die Objektivität der Organvergabe betrifft. Gerade bei Prominenten dokumentieren wir besonders penibel. Das werden wir zu einem späteren Zeitpunkt auch veröffentlichen.

STANDARD: Gibt es genug Spenderorgane?

Klepetko: Ja, und zwar deshalb, weil wir mit den Nachbarländern in den letzten Jahrzehnten hervorragende Kooperationen sowohl in Logistik als auch in Sachen Kapazität aufgebaut haben. Das Angebot an Lungen ist deshalb sehr gut. Wir könnten sogar mehr Organe transplantieren, wenn wir die entsprechenden Ressourcen hätten.

STANDARD: Wie geht es für Niki Lauda jetzt weiter?

Klepetko: Niki Lauda muss sich von der Operation erholen. Wie lange das dauert, ist zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht absehbar. Wir sind optimistisch, aber Glück wird man auch brauchen. (Karin Pollack, 3.8.2018)