Maskottchen Berlino erlebt bei der EM ein Revival

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Berlin – Der jamaikanische Sprinter Usain Bolt lief sein größtes Rennen. Der deutsche Diskuswerfer Robert Harting triumphierte in seinem "Wohnzimmer". Ganz Berlin war aus dem Häuschen. Die WM 2009 geriet zu einem der letzten unbeschwerten Freudenfeste der Leichtathletik. Neun Jahre vor der am Montag beginnenden Europameisterschaft erlebte die einzigartige blaue Laufbahn im Olympiastadion Momente für die Ewigkeit.

Bolt, der Genießer

"Irgendwie ist dieser Abend weit weg und doch ganz nah. Wenn ich daran zurückdenke, fühle ich eine ganz besondere Energie", sagte Bolt der Welt über den 16. August 2009. Vor seiner Ära nicht für möglich gehaltene 9,58 Sekunden lief der damals 22-Jährige im 100-m-Finale. In einem Rennen, das sich in Bolts Gedächtnis eingebrannt hat. "Das Stadion war elektrisiert, wie aufgeladen. Es waren unwirklich intensive Augenblicke", sagte Bolt. "Ich habe diese Energie aufgesogen und nur genossen."

Vier Tage später durfte Bolt erneut genießen, seine 19,19 Sekunden über 200 Meter sind ebenfalls bis heute Weltrekord. Besser als in Berlin wurde Bolt nicht mehr, acht weitere Jahre lang jagte er diese Zeiten vergeblich.

Harting auf Abschiedstournee

Bolt war in Berlin auf dem Höhepunkt. Robert Hartings Geschichte begann im Olympiastadion erst. Der damals 24-Jährige war 2009 als Diskus-Vizeweltmeister angetreten, alles schien wie zwei Jahre zuvor in Osaka auf Silber hinauszulaufen. Bis zum letzten Versuch führte der Pole Piotr Malachowski, doch dann drosch Harting die Scheibe auf 69,43 Meter, 28 Zentimeter weiter als Malachowski – und drehte durch. Er zerriss sein Trikot, tanzte über die Bahn und stemmte das WM-Maskottchen Berlino.

Nun nimmt Harting, der 2012 Olympiasieger war, Abschied. Am Dienstag in der Qualifikation tritt er u. a. gegen seinen Bruder Christoph, den Olympiasieger 2016, sowie den Oberösterreicher Lukas Weißhaidinger an. Es wäre eine Überraschung, könnte Harting am Ende wieder mit Berlino tanzen.

Das Maskottchen erlebt bei der EM ein Revival. Vor neun Jahren wurde Berlino zum Internet-Star. Der Kunstpelz-Braunbär hatte Jamaikas Hürden-Weltmeisterin Melaine Walker auf ihrer Ehrenrunde huckepack genommen, dann rannte er im Blindflug kopfvoran gegen einen auf der Laufbahn rollenden Transportwagen. Resultat: Youtube-Klickgranate.

Für Sicherheit, gegen Doping

Aktuell dreht sich in Berlin vieles um die Sicherheitsvorkehrungen am Breitscheidplatz, dem Ort des bisher schwersten islamistischen Anschlags in Deutschland, bei dem am 19. Dezember 2016 zwölf Menschen getötet und viele verletzt worden waren. Auf dem Platz wurde ein eigenes EM-Areal für 8000 Zuseher eingerichtet, hier finden u. a. die Kugelstoß-Qualifikation der Männer und Siegerehrungen statt.

Weder im Olympiastadion noch bei einer Siegerehrung wird der russische Hochspringer Danil Lysenko (21) zu sehen sein. Der Freiluft-WM-Zweite und Hallen-Weltmeister hat seine Aufenthaltsorte für Trainingskontrollen nicht entsprechend bekanntgegeben und seinen Status als neutraler Athlet verloren. Die IAAF lässt circa 70 Russen, die sich international testen ließen, zur WM zu, circa 70 weitere dürfen nicht an den Start gehen. (fri, sid, APA)