In so ziemlich allen "See"-Bundesländern stellt sich die drängende Frage: Sind Österreichs Gewässer nur noch privates oder doch öffentliches Gut?

Foto: APA/dpa-Zentralbild/Jan Woitas

Freudestrahlend steht ein Grüppchen, darunter Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) und der örtliche ÖVP-Bürgermeister und ÖVP-Landesrat Martin Gruber, auf einer Uferböschung des Wörthersees.

Sie feiern mit einem Rettungsring in Händen die Eröffnung eines weiteren freien Zugangs zum Wörthersee. Viel ist es nicht, ein schmaler Durchlass, ein Schlurf sozusagen.

Aber immerhin. Auch der Wörthersee ist ja seit Jahren durch die intensive private Bebauung kaum noch zugänglich. Knapp 80 Prozent des Seeufers samt davorliegendem Grund sind in Privatbesitz und mit Bäumen, Sträuchern oder Mauern abgeschirmt.

Mittlerweile haben sich Haus- und Villenbesitzer recht skurrile Zugänge zum See geschaffen: mittels eigener Lifte oder Brücken über die Seestraße.

Wer sich jedenfalls an heißen Tagen wie diesen abkühlen möchte, bucht sich entweder ein Zimmer in einem Hotel, lässt sich von einem Betuchten mit Privatstrand einladen oder mischt sich in eines der überfüllten öffentlichen Bäder. Die Seezugangsproblematik wird zwar an so ziemlich allen österreichischen Seen beklagt, der Wörtersee ist aber ohne Zweifel das wohl krasseste Beispiel für eine verabsäumte Grundstücksbevorratung der öffentlichen Hand.

Nun versucht die Landesregierung im Verein mit den Bundesforsten, dem Städte- und Gemeindebund und den örtlichen Bürgermeistern zumindest auf den verbliebenen öffentlichen Arealen kleine Zugänge zum Wasser zu schaffen. 17 sind es mittlerweile im Bundesland. Auf einer eigenen Homepage der Landesregierung (www.ktn.gv.at) sind alle freien Seezugänge in einer digitalen Seelandkarte aufgelistet.

Initiativ wurde jetzt auch das Burgenland. Landeshauptmann Hans Niessl und Landesrätin Astrid Eisenkopf (beide SPÖ) wollen den Neusiedler See und sein Schilf gar per Verfassung vorm privaten Zugriff und solcherart vor Kärntner Zuständen schützen. "Der Neusiedler See", sagt Eisenkopf, "darf nicht der Wörthersee werden."

Seezugang als Staatsziel

Hans Niessl hat den burgenländischen Verfassungsdienst schon beauftragt, juristisch zu überlegen, wie der freie Zugang "nicht nur zum Neusiedler See, sondern zu allen burgenländischen Seen möglichst weitgehend sichergestellt werden kann". Die Richtschnur für so eine "Staatszielbestimmung" müssten die Vorgaben der Unesco sein, die die gesamte Seeregion ja unter Welterbeschutz gestellt hat.

Zuletzt ist die Bautätigkeit am Neusiedler See einigermaßen ins Gerede gekommen. Zahlreiche neue Projekte nährten die Befürchtung einer zunehmenden Privatisierung der öffentlichen Seebäder. Die Projekte gänzlich zu stoppen sei weder möglich noch sinnreich. Sie beruhen auf alten Widmungen, ein Widerruf sei aus rechtlichen Gründen nicht möglich. Aber, so Niessl: "Alle Projekte müssen jedenfalls umweltverträglich sein und den Unesco-Vorgaben entsprechen." Da müsse man ganz sensibel sein.

Ein "Masterplan" werde festschreiben, "wie es hier in fünf, zehn, 20 Jahren aussieht". Astrid Eisenkopf bemüht sich, die Balance zu halten zwischen "Nützen und Schützen". Immerhin anderthalb Millionen Nächtigungen und eine Million Tagesgäste beleben die Region wirtschaftlich.

Eine Bürgerbefragung ergab nun auch, dass 75 Prozent sich "für den Erhalt oder die Schaffung des öffentlichen Seezugangs ausgesprochen haben". 83 Prozent wollen den "unverbauten Blick auf das Naturjuwel", sagt Astrid Eisenkopf.

Der Neusiedler-See-Masterplan gilt dann freilich nur für den österreichischen Teil. Im einzigen Seebad auf ungarischer Seite – in Fertőrákos/Kroisbach – plant man Gigantisches. Auf den Ruinen der im Vorjahr einem Großbrand zum Opfer gefallenen Seehütten will man einen mondänen Yacht hafen, eine schöne Strandpromenade und ein luxuriöses Hotel errichten. Kolportierte Investitionssumme: 70 Millionen Euro. Für Mitte August wurden nähere Infos in Aussicht gestellt.

Vorarlberg ist anders

Szenenwechsel in den Westen: Der freie Zugang zum Bodensee ist am österreichischen Ufer bereits seit den 1950er-Jahren garantiert. Der Uferbereich gehört, was die Nutzung betrifft, allen. Geregelt ist der freie Zugang durch das Vorarlberger Straßengesetz, das die "Wegefreiheit am Bodenseeufer" festschreibt. Ein zehn Meter breiter Uferstreifen muss frei zugänglich sein, Zäune oder andere Absperrungen dürfen nicht errichtet werden. Ausnahmen sind Naturschutzgebiete, Strandbäder oder die Seebühne. (Jutta Berger, Walter Müller, Wolfgang Weisgram, 3.8.2018)