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In der Ostsee und im Pazifik werden neue steuerschonende Finanzhochburgen geschaffen – aber nicht für alle.
Zutritt für Unbefugte streng verboten! Die russische Staatsduma hat kürzlich eine neue Offshore-Gesetzgebung abgesegnet. Damit werden in der russischen Ostsee-Exklave Kaliningrad und im Pazifikhafen Wladiwostok zwei Inselchen im jeweiligen Stadtgebiet zu "Speziellen Administrativen Kreisen" (SAK) erklärt, in die zuvor im Ausland registrierte Firmen umsiedeln können. Das Steuerregime ist attraktiv: Die Abgaben auf Gewinne liegen zwischen null und fünf Prozent. Doch nicht alle profitieren davon.
Eigentlich hat die russische Regierung schon seit Jahren ein Gesetz zur Schaffung eigener Steueroasen in Arbeit. Die Initiative verfolgte gleich mehrere Ziele: Sie sollte russisches Kapital aus dem Ausland wieder in die Heimat holen, ausländische Investoren anlocken und russische Firmen international wettbewerbsfähiger machen. Doch mit der Welle westlicher Sanktionen, die im März und April auf Russland zurollte, verengte sich das Ziel des Gesetzespakets auf den Bau von zwei Rettungsinseln für die eigenen in Bedrängnis geratenen Oligarchen.
Einschränkung
So sind die beiden russischen Offshore-Inseln für russische Firmen vorerst unzugänglich. Das Finanzministerium befürchtet offenbar, dass zu viele Unternehmer im Land von dem Steuersparmodell profitieren wollen. Damit nicht einige Superschlaue auf die Schnelle Offshore-Firmen im Ausland gründen, um sie dann nach Kaliningrad oder Wladiwostok zu repatriieren, gilt die Regelung zudem nur für Firmen, die schon vor Jahresbeginn in einer ausländischen Steueroase registriert waren.
Banken und Finanzdienstleister dürfen sich ebenfalls nicht ansiedeln. Darauf wiederum bestand die russische Zentralbank, die gerade die einheimischen Geldinstitute auf Linie bringt. Die Zentralbank hat dann auch den neuen Offshore-Residenten das ursprünglich verankerte Recht auf barrierefreien Zahlungsverkehr ins Ausland gestrichen. Das würde der Intention, Kapital nach Russland zurückzuholen, ohnehin widersprechen.
Mit internationalen Investoren rechnen die Gesetzgeber auch nicht mehr. Gegenüber der ersten Lesung wurde in der Endfassung auf vereinfachte Arbeitsgenehmigungen für ausländische Fachkräfte in den Offshore-Gebieten verzichtet. Zudem müssen die Bewerber auf den Offshore-Status 50 Millionen Rubel (entspricht knapp 700.000 Euro) innerhalb eines Halbjahres in den SAK investieren. Diese Investitionen machen die Neuregelung nur für die großen russischen Holdings interessant.
Deripaska kann sich freuen
Zugeschnitten ist das Projekt damit in erster Linie auf den Milliardär Oleg Deripaska. Dessen Firmenimperium hat das US-Finanzministerium im April unter Beschuss genommen. Sanktionen wurden unter anderem gegen Deripaskas Investmentholdings Basic Element und En+, seinen Aluproduzenten Rusal oder den eng mit VW kooperierenden Auto- und Maschinenbauer Gaz erhoben. Deripaska verhandelt derzeit darüber, ob im Gegenzug für die Aufgabe der Kontrolle über diese Unternehmen die Sanktionen rückgängig gemacht werden. Sollten die Verhandlungen scheitern, könnte Deripaska innerhalb eines Tages seine Aktiva von den Bahamas oder der Insel Jersey wahlweise auf die Oktoberinsel in Kaliningrad – Austragungsort der letzten Fußball-EM – oder die Insel Russki in Wladiwostok – Apec-Gipfelort 2012 – überschreiben.
Daneben dürfte Milliardär Viktor Wechselberg, der mit seinen vorwiegend in der Schweiz beheimateten Unternehmen durch die Sanktionen in Bedrängnis geraten ist, davon profitieren. Andere Oligarchen wie Roman Abramowitsch oder Arkadi Rotenberg, denen potenziell auch eine Verschärfung der Sanktionen droht, könnten ebenso ein Plätzchen auf den neuen Rettungsinseln des Kreml suchen. (André Ballin, 6.8.2018)