Bundeskanzler Sebastian Kurz und Ministerpräsident Zoran Zaev bei ihrem Treffen Ende Juni in Wien.

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Wien/Skopje – Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) reist drei Wochen vor dem Referendum über die umstrittene mazedonische Namenseinigung nach Skopje, um seinem dortigen Amtskollegen Zoran Zaev den Rücken zu stärken. Kurz werde am 7. September auf Einladung Zaevs die mazedonische Hauptstadt besuchen, teilte das Bundeskanzleramt der APA mit. Die Namenseinigung werde von Österreich unterstützt.

Kurz habe bereits bei Zaevs Wien-Besuch Ende Juni an die mazedonische Bevölkerung appelliert, beim Referendum am 30. September dem neuen Namen "Nordmazedonien" zuzustimmen, erinnerte das Bundeskanzleramt. Damals hatte der sozialdemokratische Regierungschef den Kanzler zu einem Gegenbesuch in Skopje eingeladen.

Bruch mit konservativer Schwesternpartei

Mit dem neuen Staatsnamen will Skopje klarstellen, dass es keine Ansprüche auf die nordgriechische Provinz Makedonien hat. Der Name beruht auf einer Einigung der linksgerichteten Regierungen in Skopje und Athen, die damit den seit mehr als einem Vierteljahrhundert dauernden Namensstreit beilegten. Dieser hatte auch die EU- und NATO-Annäherung Mazedoniens jahrelang blockiert. In beiden Ländern lehnen die konservativen Oppositionsparteien, mit denen die ÖVP in der Europäischen Volkspartei (EVP) verbunden ist, die Einigung ab.

"Die Einigung zur Namensfrage mit Griechenland ist ein entscheidender Fortschritt im Prozess der Annäherung Mazedoniens an die EU", betonte Kurz. Das Erzielen von Fortschritten bei der EU-Perspektive sei eine der Prioritäten des österreichischen EU-Ratsvorsitzes. Eine EU ohne die Westbalkan-Staaten wäre nicht komplett, unterstrich der Kanzler. Er will sich mit Zaev auch über Fortschritte im "Screening Prozess" mit der EU unterhalten, der im Vorfeld der Eröffnung der Beitrittsverhandlungen Mitte Juli begonnen hat.

Weiters will Kurz mit seinem mazedonischen Amtskollegen über den Kampf gegen die illegale Migration sprechen, da Mazedonien diesbezüglich "ein wichtiger und verlässlicher Partner der EU" sei und "maßgeblich zur Schließung der Balkan-Route beigetragen" habe.

Innenpolitisch umstritten

Die Namenseinigung ist in Mazedonien und Griechenland innenpolitisch umstritten. Der linksgerichtete griechische Premier Alexis Tsipras musste sich wegen der am 17. Juni besiegelten Einigung einem Misstrauensvotum im Parlament stellen. In Mazedonien muss die Einigung noch einige rechtliche Hürden nehmen. Für die erforderliche Verfassungsänderung fehlt der sozialdemokratischen Regierung die Mehrheit, weswegen sie ihre Position mit dem Referendum stärken will.

Konservative Opposition

Die konservative VMRO-DPMNE hatte nämlich angekündigt, mit "allen demokratischen und rechtlichen Mitteln" gegen die "Kapitulation" Skopjes kämpfen zu wollen. Sie hat im Parlament genug Stimmen, um eine Verfassungsänderung zu blockieren. Nach Informationen des Portals "Balkan Insight", das sich am Wochenende auf ein Mitglied der VMRO-DPMNE-Führung berief, will die Partei aber von einem Aufruf zum Boykott des Referendums absehen.

Die VMRO-DPMNE (Innere Mazedonische Revolutionäre Organisation – Demokratische Partei für Mazedonische Nationale Einheit) hatte die frühere jugoslawische Teilrepublik zwischen 2006 und 2017 regiert. Infolge einer Korruptions- und Abhöraffäre musste die Partei von Langzeit-Premier Nikola Gruevski auf Vermittlung der EU die Macht abgeben, einer Übergangsregierung und vorgezogenen Parlamentswahlen im Dezember 2016 zustimmen.

Kritik an Kurz-Treffen in der Vergangenheit

Kurz geriet in die Kritik, weil er vor dieser Wahl einen Wahlkampfauftritt für die umstrittene Regierungspartei absolvierte. Die Vizechefin von Zaevs Sozialdemokraten, Radmila Sekerinska, bezeichnete den Wahlkampfauftritt des damaligen Außenministers als "Schlag ins Gesicht". Sie warf ihm vor, die Positionen der EU zu untergraben und Mazedoniens Demokratie zu schaden.

In einem APA-Interview verteidigte Kurz sein Wahlkampf-Engagement und betonte, dass dies alle Parteienfamilien so machten. Kontakte zu Schwesterparteien in Regierungsverantwortung ermöglichten sogar, "in dem Land auch ein Stück weit mitsprechen zu können", verwies der damalige Minister auf die Flüchtlingskrise. "Hätte ich keinen guten Kontakt zu der Regierung in Mazedonien, glauben Sie, es wäre dann möglich gewesen, die Westbalkanrouten-Schließung zu organisieren? Das hätte nicht funktioniert." (APA, 6.8.2018)