Wandern in der Steiermark ist vergleichsweise ressourcenschonend.

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Der Familienurlaub steht an: zwei Wochen Albanien, drei Urlaubshungrige und vier Taschen im Auto. Mit den – so Kind will – hoffentlich langweiligen Einträgen aus dem Reisetagebuch ("Tag neun: Wie schon Tag eins bis acht mit Abhängen verbracht. Die neue Hängematte ist ein Traum!") werde ich danach niemanden nerven. Die Aufzeichnungen aus meinem anderen Logbuch will ich hier aber zitieren. Es enthält Berechnungen, welche Umweltbelastungen meine Reisen in diesem Jahr verursachen.

Ich habe dafür zunächst unterschiedliche Rechner ausprobiert: den vielgelobten Emissionsrechner von Atmosfair ebenso wie den Fußabdruckskalkulator des Tourismusministeriums. Beide erschienen mir unzureichend, um etwas über die gesamten Auswirkungen von Reisen sagen zu können. Eine Wissenschaftergruppe um Michael Narodoslawsky von der TU Graz hat dagegen schon in den 1990er-Jahren den Nachhaltigkeits-Prozess-Index entwickelt. Er dient als Maßzahl für den ökologischen Fußabdruck menschlicher Aktivitäten, als Ergebnis erhält man eine Fläche in Quadratmetern. Fläche deshalb, weil alle Rohstoffe, die man verbraucht, berücksichtigt werden. So erhält man auf fussabdrucksrechner.at ein umfassendes, wenn auch nicht vollständiges Bild davon, was Reisen ökologisch bedeutet.

Wandern durch die Berge

Mein erster Urlaub heuer war ein Wochenende mit Wanderung in der Steiermark. Bei der Berechnung des ökologischen Fußabdrucks dieser Reise fiel mir auf, dass die Anreise per Zug bei diesem Rechner gar nicht angegeben werden kann. Ich wählte stattdessen "Bus", klickte bei der Kategorie "Unterkunft" auf den Eintrag "Hütte" und gab an, dass ich zweimal saunieren war. Das Ergebnis: So ein Ausflug bedeutet einen Ressourcenverbrauch, der einem Flächenbedarf von rund 20.000 m2 entspricht. Oder klarer ausgedrückt: Das Wanderwochenende verursacht 1,6 Prozent des durchschnittlichen gesamten Fußabdrucks eines Österreichers pro Jahr. Eine Woche wandern hätte die Bilanz kaum verschlechtert, denn die Anreise verursacht fast 85 Prozent der Umweltbelastung. Die Verpflegung (nichtvegetarisch) und Unterkunft schlagen mit nur elf Prozent zu Buche, die beiden Saunagänge mit vier Prozent. Damit kann man leben.

Reise nach Äthiopien

Meine Reisepläne für den Winter treiben mir dagegen die Schamesröte ins Gesicht: Schon der Flug nach Äthiopien ist eine ökologische Katastrophe, auch die Bilanz der weiten Busfahrten vor Ort ist erschreckend. Obwohl ich in drei Wochen nur in Privatunterkünften schlafen will, erzeugt die Flugfernreise bereits mehr als ein Viertel (26,6 Prozent) des gesamten jährlichen Fußabdrucks.

Davor steht noch eine der typischen Pressereisen an, die ich als Reiseredakteur unternehme: Eine Reederei will die Annehmlichkeiten ihres neuesten Kreuzfahrtschiffs anpreisen. Wir werden zwei Tage lang eine kleine Runde auf dem Mittelmeer drehen, dafür fliege ich nach Genua. Die Bilanz: 8,6 Prozent eines jährlichen Fußabdrucks fallen an. Darf man sich da noch auf den Campingurlaub in Albanien freuen? Man darf, zumindest ökologisch gesehen: Zwei Wochen mit dem Auto verursachen weniger Belastungen als eine zweitägige Kreuzfahrt mit Zubringerflug: nämlich nur 7,3 Prozent des jährlichen Fußabdrucks – wenn drei Leute Auto und Zelt teilen.

Erschreckende Bilanz

Die Gesamtbilanz meiner Reisen in einem Jahr ist erschreckend: Ich habe dadurch schon fast die Hälfte der jährlichen Ressourcen eines durchschnittlichen Österreichers verbraucht – ohne in den 46 Wochen zu Hause etwas gegessen oder die Wohnung geheizt zu haben. Da werde ich im Urlaub wohl die Vegetarierin in der Familie bitten müssen, die Hängematte anzuschubsen. Ihr ökologischer Fußdruck ist einfach besser, wenn sie danach das Kalorienkonto wieder auffüllt. (Sascha Aumüller, 8.8.2018)