Wien – Gemessen an den Anzeigen hatte die österreichische Polizei im ersten Halbjahr 2018 weniger zu tun als im Vergleichszeitraum des Vorjahres: 228.887 Anzeigen bedeuten ein Minus von rund zehn Prozent. Schon im Vorjahr hatte die Anzeigenstatistik des Bundeskriminalamts (BK) starke Rückgänge ausgewiesen. Im Hinblick auf die Aufklärungsrate bedeutet aber weniger nicht mehr, diese Erfolgsquote ging von 49,7 Prozent auf heuer 48,8 Prozent zurück.

Im ersten Halbjahr sind so wenige Verbrechen angezeigt worden, wie seit zehn Jahren nicht mehr. Das teilt das Bundeskriminalamt am Mittwoch mit.
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Bei bestimmten Delikten sind aber gegen den allgemeinen Trend hohe Anstiege zu verzeichnen. Hinaufgeschossen ist beispielsweise die Zahl der Anzeigen wegen Vergewaltigung – von 261 auf 374, wobei unter den Opfern besonders die Zahl von Frauen aus Afghanistan steigt. Nicht beantworten lässt sich aus Sicht der Polizei zunächst die Frage, ob mehr solche Taten verübt werden oder Frauen eher bereit sind, Anzeige zu erstatten.

Zweitwohnsitze gefährdet

Ein markantes Minus gab es bei Anzeigen der Polizei bei den Staatsanwaltschaften nach Einbruchsdiebstählen in Wohnungen beziehungsweise Wohnhäuser, die Zahl ist von 6680 auf 5808 Anzeigen gesunken. BK-Direktor Franz Lang führt das auf erfolgreiche Ermittlungsarbeit und auf den Umstand zurück, dass Wohnungen und Häuser immer besser gesichert werden. "Wo wir jetzt aber höllisch aufpassen müssen, das sind sogenannte Versorgungseinbrüche in Zweitwohnsitze", so Lang. Täter würden sich in leer stehenden Häusern sogar vorübergehend einquartieren.

Auch auf Autos haben es Diebe nicht mehr so häufig abgesehen: Von Jänner bis Juli wurden 1092 gestohlene Fahrzeuge gemeldet, im Vorjahr 1275. Dass nur neue und wertvolle Autos gestohlen werden, ist falsch. Laut BK gibt es immer mehr Auftragsdiebstähle von Händlern, die Ersatzteile für ältere Modelle brauchen. Diese Händler befänden sich vor allem im Nahen Osten, in Nordafrika und in Südosteuropa.

Mehr Tötungsdelikte in Wien

Zwiespältig fällt die Bilanz im Bereich der Gewaltdelikte aus. Zwar gab es einen Anzeigenrückgang um mehr als vier Prozent auf 19.730. Die Zahl der Anzeigen wegen Tötungsdelikten stieg aber leicht von 33 auf 34. Ein massives Plus gab es in Wien: Die Ermittler in der Bundeshauptstadt haben von Jänner bis inklusive Juni 17 Tötungsdelikte an die Anklagebehörde weitergeleitet – um zehn mehr als im Vergleich mit 2017.

Fortgesetzt hat sich der Boom im Bereich Internetkriminalität, auch wenn sich der Anstieg laut Lang etwas abflacht. 8500 Anzeigen hat die Polizei im ersten Halbjahr bearbeitet, im Vergleichszeitraum 2017 waren es knapp 8000. Zurückzuführen ist dieses Plus auf Betrugstaten, nach denen fast 6200 Anzeigen erstattet wurden, um rund 500 mehr als 2017. Das Gros entfällt auf den sogenannten Bestellbetrug, sowohl vonseiten vermeintlicher Anbieter (gefakter Webshops) als auch von Leuten, die "gratis" online einzukaufen versuchen und meinen, die Angabe einer falschen Identität reiche dafür aus.

Spam und Drogen

Neben dem offenen Internet bietet das Darknet einen "Riesenmarktplatz für kriminelle Dienstleistungen", wie Lang es formuliert. "Dort lassen sich Internetadressen für Spam-Mails ebenso bestellen wie Hacking-Software." Dass ein Teil des Drogenhandels über das Darknet abgewickelt wird, ist bekannt. Die Cyberermittler tun sich in dessen Tiefen um, bei Sicherstellungen wird die Polizeiarbeit wieder bodenständig: im Paketshop oder im Postkastl.

Mehr als ein Drittel der Anzeigen fielen in Wien an. Dafür ist hier der generelle Rückgang mit 15 Prozent überdurchschnittlich hoch. Der Anteil der fremden Tatverdächtigen ist in Wien leicht auf 51,4 Prozent gesunken. Die häufigsten Herkunftsländer fremder Tatverdächtiger waren Serbien, Rumänien und Afghanistan. In Salzburg führt Deutschland die Rangliste der ausländischen Tatverdächtigen an, im Burgenland Ungarn. (APA, simo, 8.8.2018)