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"Alles kann gelingen", sagt Weißhaidinger, schließlich passte sogar sein Name auf die Startnummer.

Foto: AP Photo/Matthias Schrader

Berlin – Momentan gelingt Lukas Weißhaidinger einfach alles, am Mittwoch holte er EM-Bronze im Diskuswurf, und gestern schaffte er es, gleichzeitig zu sitzen und zu stehen. Der Innviertler, der Österreichs erste Freiluft-EM-Medaille seit 1990, seit Hermann Fehringers Stabhochsprung-Bronze, holte, saß in einer Wettkampfpause auf der Pressetribüne des Berliner Olympiastadions und stand Rede und Antwort. Drei oder vier Uhr könnte es gewesen sein, bis er ins Bett gekommen sei, sagte er, und das eine oder auch das andere Bier könnte sich ausgegangen sein.

Eine vier Dutzend Mitglieder starke Abordnung des "Lucky Luky Fanclubs", der sich aus Verwandten und Freunden des Werfers zusammensetzt, war nach Berlin gereist, da galt es, den Protagonisten ordentlich zu feiern. "Cool, dass so viele mitgezittert und mitgejubelt haben", sagte Weißhaidinger, der auch Glückwünsche des Bundespräsidenten und des Sportministers erfreut registrierte. Ähnliches war ihm maximal einmal, nach seinem sechsten Olympiaplatz 2016 in Rio de Janeiro, widerfahren.

Die erste Medaille steht allerdings über allem. "Man hat gesehen, dass es auch in Österreich eine Basis dafür gibt, auf ein EM-Podest zu kommen", sagte Weißhaidinger. "Aber das Letzte, was ich jetzt tu, ist, mich auszurasten. Das soll erst der Anfang sein. Schließlich waren zwei noch besser als ich."

Die künftigen Ziele

Diesen beiden, dem litauischen Europameister Andrius Gudzius und dem Schweden Daniel Stahl, will Weißhaidinger künftig zusetzen. Künftig, das meint die WM 2019 in Katar und die Olympischen Spiele 2020 in Tokio, das meint aber auch Meetings, die in nächster Zeit noch anstehen. Für das Diamond-League-Finale in Brüssel (31. August) ist Weißhaidinger erstmals qualifiziert, für das ISTAF-Meeting am 2. September in Berlin hofft er auf eine Einladung. Da wird der deutsche Diskusstar Robert Harting endgültig verabschiedet. Im EM-Finale landete Harting an sechster Stelle, und es war kein Schaden, dass ihn nicht allein Weißhaidinger vom Podest fernhielt, das hätten die knapp 40.000 Fans nicht unbedingt goutiert.

Vor allem seinem Trainer Gregor Högler sieht sich Weißhaidinger zu Dank verpflichtet. Der ehemalige Weltklasse-Speerwerfer ist auch Sportdirektor des Verbands (ÖLV) und hat im Leistungszentrum Südstadt für ordentliche infrastrukturelle Bedingungen gesorgt. Als sich Weißhaidinger heuer am Fuß verletzte, half Höglers Bruder Richard, der Orthopäde und orthopädischer Chirurg ist und den Diskuswerfer mit Laser behandelte.

In Vorleistung gegangen

In Berlin ist das ÖLV-Team sowieso gut aufgestellt, Högler hat erstmals ein Kältebecken und diverse andere Kühlungstechniken organisiert. "Vieles davon ist noch nicht bezahlt", sagt Högler. Der Trainer ist bewusst in Vorleistung gegangen, er spricht von "vielen Details, die den entscheidenden halben Meter bringen. Die Medaille soll, hofft Högler, für Österreichs Leichtathletik generell eine Initialzündung sein. "Es soll ein Ruck durch das Team gehen. Spätestens jetzt wissen alle, was möglich sein kann."

Der Sportdirektor hofft auf Unterstützung und meint, dass sich Weißhaidinger wie Österreichs Trio im Siebenkampf, in dem am Freitag die Medaillen vergeben werden, "ausgezeichnet verkaufen lassen". Basis für den Verkauf sei Erfolg, dessen Basis wiederum Gesundheit sei. Deshalb will Högler bei Weißhaidinger und allen anderen künftig noch mehr Wert auf Vorbeugung und Regeneration legen. "Notfalls laufe ich", sagt er, "von Pontius zu Pilatus." Sitzen, stehen, laufen. "Alles kann gelingen", sagt Lukas Weißhaidinger. "Alle sind schlagbar." (Fritz Neumann aus Berlin, 9.8.2018)