Rose (links) und Ranya (rechts) haben sich an die Kinder- und Jugendanwältin Andrea Holz-Dahrenstaedt (Mitte) gewandt. Die beiden jungen Frauen können ihre Ausbildung im Irak nicht beenden.

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Salzburg – Rose und Ranya wollten ihre Ausbildung fertigmachen. Die 18-jährige Rose hat die Krankenpflegerausbildung bei den Salzburger Landeskliniken begonnen. Ihre 15-jährige Schwester Ranya hatte die fixe Zusage für eine Lehrstelle beim Hotel Schloss Mönchstein. Doch am Mittwoch reisten die beiden jungen Frauen mit ihrer Familie zurück in den den Irak.

Freiwillige Ausreise, heißt das Prozedere nach der Rückkehrberatung. "Ein Euphemismus", sagt die Salzburger Kinder- und Jugendanwältin Andrea Holz-Dahrenstaedt. Es sei nicht der Wille der Familie gewesen, in den Irak zurückzukehren. Der Vater wollte seinen Kindern nur die Schubhaft und die Abschiebung ersparen.

"Die Familie ist sehr westlich orientiert. Sie lebt nicht den Lebensstil, die Frau zu verschleiern oder dass Frauen nichts zu sagen haben", sagt die Kinder- und Jugendanwältin. Das sei der Fluchtgrund der Familie gewesen. "Die Mädchen sind bestens integriert, verbrachten prägende Jahre ihrer Entwicklung in Österreich und sprechen perfekt Deutsch." Seit drei Jahren lebt die Familie in Oberndorf. Der knapp zweijährige Bruder der Mädchen wurde in Österreich geboren. Zwei weitere Geschwister gehen in die Volksschule. Doch die Familie bekam einen negativen Asylbescheid.

Humanitärer Aufenthalt für Lehrlinge

"Jetzt muss ich mich verschleiern, jetzt kann ich nicht mehr Rad fahren – das waren die Gedanken der Mädchen. Sie waren absolut niedergeschlagen", erzählt die Kinder- und Jugendanwältin von den letzten Gesprächen mit den beiden Jugendlichen.

Andrea Holz-Dahrenstaedt plädiert für eine humanitäre Lösung bei gut integrierten Menschen: "Wenn sie schon kein Asyl bekommen, dann zumindest einen humanitären Aufenthalt für Lehrlinge." Die Jugendanwältin fordert eine Härtefallkommission auf Länderebene, die ein humanitäres Aufenthaltsrecht prüfen soll. Zudem soll bei Asylverfahren das Kindeswohl, das in der Bundesverfassung verankert ist, extra geprüft werden. "Geflüchtete Kinder und Jugendliche haben das Recht auf besonderen Schutz und Beistand durch den Staat", sagt die Anwältin. Die derzeitige Linie in der Asylrechtssprechung sei nicht nachzuvollziehen. "Man fordert Integration, aber es nützt nichts." Junge Menschen in Ausbildung sollen die Chance haben, die Lehre zu beenden. Das deutsche Modell "3 plus 2", das vorsieht, dass Asylwerber nach dem Lehrabschluss noch automatisch zwei weitere Jahre bleiben dürfen, erachte sie als sinnvoll.

Fachkräfte für Pflege und Tourismus

Für Rose und Ranya ist das zu spät. Sie werden im Irak ihre Ausbildungen als Krankenpflegerin oder Hotelfachkraft nicht fortführen können. "Beide Berufe sind im Irak für Frauen ungeeignet", sagt Holz-Dahrenstaedt. In Österreich hingegen herrsche eklatanter Fachkräftemangel, sowohl in der Pflege als auch im Tourismus.

Immer mehr Menschen sprechen sich gegen die Abschiebung von Lehrlingen aus. Neben den Landeshauptleuten von Salzburg und Vorarlberg, Wilfried Haslauer (ÖVP) und Markus Wallner (ÖVP), und dem oberösterreichischen Landesrat Rudi Anschober (Grüne) fordern auch die Wirtschaftskammern aus Vorarlberg, Tirol, Salzburg, Ober- und Niederösterreich eine Lösung für Lehrlinge. (Stefanie Ruep, 12.8.2018)